Dieser anlässlich der dritten Coronawelle von Hildegund Keul verfasste tiefgründige Artikel hat auch in der vierten Welle nichts an Aktualität verloren, ganz im Gegenteil. Mehr denn je gilt: "Das Virus legt die Menschheit in ihrer Verwundbarkeit bloß". Für das Thema Verwundbarkeit, Vulnerabilität, ist Keul einschlägig - längst vor der Pandemie. Aber mit der Pandemie wird die Vulnerabilität zu einem neuen "Dispositiv". Gemeint ist damit (nach Michel Foucault) eine Sammlung von Wissen und Maßnahmen, die auf einen Notstand antwortet. So gibt "das Vulnerabilitätsdispositiv ... Antwort auf den Notstand der Pandemie". Gerade weil nun "Vulnerabilität zu den Kernthemen der Theologie gehört", könne diese Entscheidendes zur Pandemie beitragen. Am Kreuz Jesu hat sich gezeigt, dass Verletzlichkeit nicht nur destruktiv sein muss, sondern auch konstruktiv sein kann. Weil dort jemand bereit war, die eigene Verwundbarkeit für andere zu wagen, "geschieht Lebensgewinn durch Lebensverlust". Keul benutzt hier den Begriff der Selbstverschwendung (vgl. die Redewendung "Gottes Liebe ist verschwenderisch"), wenn sie abschließend benennt, "was die Pandemie dringend braucht: Keine Empörungsrhetorik, sondern die Bereitschaft, sich selbst und die eigenen Rituale zum Wohl einer Gemeinschaft zu verschwenden". - hhp