Nobelpreisträger und Quantenphysiker Anton Zeilinger hält den Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft für einen Scheinkonflikt. Zeilinger äußerte dies auf der Abschlussrede der diesjährigen Salzburger Hochschulwochen und hat damit nicht zuletzt auch den Präsidenten der Hochschulwochen, Erzbischof Franz Lackner beeindruckt: "Dass so ein ausgewiesener Experte, Nobelpreisträger der Physik, Gott auf akademischen Boden zitiert, das hat mich sehr berührt." Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, sei nicht nur auf die schriftlichen Kurzdokumentationen verwiesen, sondern v. a. auf das verlinkte 5-minütige Video mit zahlreichen O-Tönen, auch von Zeilinger.

Zeilinger fragt darin: "Woher kommen die Naturgesetze, oder woher kommen Naturkonstanten? ... Und da kann ich sagen, es ist einfach so, oder ich kann annehmen, dass es hier einen Schöpfer gibt, dass es hier einen Gott gibt, von dem das kommt." Zeilinger verleiht seiner Argumentation aber auch durch Rückgriff auf historische Größen seines Faches Autorität: "Max Planck zitiere ich jetzt: 'Für den gläubigen Menschen steht Gott am Anfang, für die Wissenschaftler am Ende all seiner Erfahrungen.'" Und als krönender Abschluss: "Und ich schließe mit einem Wort, das mir sehr am Herzen liegt, von Werner Heisenberg: 'Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, aber auf dem Grunde des Bechers wartet Gott.' Ich danke."

Nun, die Zitate sind schon fast inflationär gebraucht, werden dadurch aber nicht falsch! - hhp

Der Artikel erinnert an den bedeutenden Evolutionsbiologen und ehemaligen katholischen Priester, Francisco Ayala, der am 3. März 2023 im Alter von 88 Jahren verstorben ist. Ayala habe sich gegen Kreationismus und Intelligent Design und für eine Koexistenz von Glaube und Wissenschaft eingesetzt. So sei er ein prominente Zeuge in einem erfolgreichen Verfahren gewesen zur Aufhebung eines Gesetzes, das eine "ausgewogene Behandlung" von Kreationismus und Evolution forderte. Seine interdisziplinäre Sicht liege in der Nähe von Papst Johannes Paul II und dessen Aussagen, die Evolution sei mehr als eine Theorie und die Seele sei göttlich geschaffen. Ayala, so weiter, sei unter anderem mit der National Medal of Science und dem Templeton Prize ausgezeichnet worden, der mit 1,5 Millionen Dollar Brückenschläge zwischen Wissenschaft und allgemeineren Fragen der Menschheit fördert (siehe ausführlich: www.forum-grenzfragen.de/templeton-preis-2010-an-ayala/). Der Artikel verschweigt nicht, dass Ayalas einst rasante Karriere nach Vorwürfen sexueller Belästigung zusammengebrochen sei. - hhp

Um das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Religion nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch zu untersuchen, befragte eine Studie NaturwissenschaftlerInnen verschiedener Fachrichtungen, wie sie das Zueinander beider Gebiete bewerten. Dabei kam entgegen der Vermutung heraus, dass die Mehrzahl der Befragten keinen Konflikt oder sogar eine Kooperation zwischen den Bereichen sehen. - lm

Die Grenzen des Erkenn- und Messbaren verschiebt sich durch die Forschungen der Naturwissenschaften immer weiter nach hinten. Lassen die zunehmenden Entwicklungen auf diesem Gebiet noch Platz für einen Gottesglauben? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Theologe Hans Küng. Seine These: Gott ist kein „Lückenbüßer“, der dann ins Spiel kommt, wenn es darum geht, die Erkenntnislücken der Naturwissenschaften zu füllen. Sein Wirkbereich sei viel grundlegender, wenn man Gott als Unbedingtes, als Absolutes postuliere. Daher beantworte die Naturwissenschaft die Frage nach dem „Wie“ der Entstehung von Raum, Zeit und Universum, die Theologie dagegen beschäftige sich mit der Frage nach dem „Warum“ des gesamten Daseins. - lm

In einem Beitrag über Theologie und Wissenschaft ermahnt der Physiker Harald Lesch die KollegInnen seiner eigenen Zunft, stärker die Konsequenzen ihres Forschens und Handelns zu reflektieren. Er vermisse ethische Fragestellungen im naturwissenschaftlichen Bereich. Zudem sprach er sich dafür aus, dass die Theologie in der Öffentlichkeit stärker Stellung bezieht. - lm

 

Die Frage nach dem Verhältnis zwischen Glauben und Wissen ist mitunter immer noch von Missverständnissen geprägt, obwohl es schon häufig diskutiert wurde. Mit seinem Beitrag bringt sich Ulrich H.J. Körtner in die Debatte ein und zeigt unter anderem auf, wie es zu diesen fehlerhaften Beurteilungen kommen konnte. Zudem stellt er dar, dass sich Glaube und Wissen nicht ausschließen müssen. Er erläutert, dass religiöser Glaube über ein bloßes „Für-wahr-halten“ hinaus geht, ein existenzielles, unbedingtes Vertrauen auf Gott einschließt und somit in der Lage ist, gläubigen Menschen eine Sinn- und Weltdeutung zu vermitteln. - lm

Die Biologen Hansjörg Hemminger und Andreas Beyer legen die Leistungen und prinzipiellen Grenzen der Naturwissenschaften dar. Diese lieferten ein geeignetes Werkzeug, und die "dinglichen" Entitäten der Welt zu beschreiben und zu verstehen. Konsensfähig wäre m.E. diese Behauptung für viele wohl nur, wenn "verstehen" sehr eng gefasst würde. Der "weltimmanente Naturalismus" jedenfalls habe sich als Methode derart bewährt, dass ein grundsätzlicher Zweifel daran nicht mehr möglich sei. Gleichwohl weisen die Autoren auf Grenzen hin, über die empirische Forschung grundsätzlich nicht hinauskomme: Jenseits dieser Grenze gehe es um Glaube, Weltanschauung, Werte und Sinn, "also um den großen Rahmen unserer Existenz". Der Beitrag aus den Stimmen der Zeit (Stimmen der Zeit 146 (2021) 447-460) ist in umfassenderer Form frei erhältlich unter www.theologie-naturwissenschaften.de/fileadmin/user_upload/WaskannNaturwissenschaftundwasnicht.pdf. - hhp

Der Biologe und Anthropologe Carel van Schaik beteuert in dem Interview, zwischen Natur- und Geisteswissenschaften Brücken bauen und den "Streit um Natur gegen Kultur" befrieden zu wollen. So sei Kultur stärker als manche Biologen annähmen. Und die Biologie wolle auch keinen normativen Anspruch erheben, sie könne aber eine Verstehenshilfe sein. Die Behauptung, das Patriarchat sei eine Strafe Gottes, könne man allerdings als eine "Lüge über Eva" bezeichnen. Am Patriarchat seien weder Gott noch die Biologie schuld, Gleichberechtigung sei in der Evolutionsgeschichte zu 99% die Normalität gewesen. Und van Schaik findet es erstaunlich, dass trotz Jesu Wertschätzung von Frauen sich in seinem Namen "eine so misogyne Institution wie die katholische Kirche" entwickeln konnte. (Vgl. van Schaik in unserer Videodokumentation www.forum-grenzfragen.de/schoepfung-im-spiegel-evolutionaerer-anthropologie/) - hhp

Der Titel des Gastbeitrags von Alexander Bogner ist harmloser als der Inhalt. Hier geht es um nicht weniger als die Frage, wie eine angemessene Pandemiepolitk aussehen sollte. Der Autor fordert, dass dabei mehr als nur naturwissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden müssen. Aber gebietet die Dringlichkeit der Pandemie nicht einen absoluten Primat der Wissenschaften? Das wäre "Tornadopolitik", was den Titel erklärt. Während aber beim Tornado Sachzwang regieren muss, stelle sich dies bei Corona nicht so eindeutig dar. - hhp

Vor Studenten und Doktoranden der Summer School der Päpstlichen Sternwarte sagte Papst Franziskus, es sei Aufgabe des Wissenschaftlers, "das Universum zumindest teilweise zu kennen; zu wissen, was wir wissen und was wir nicht wissen und wie wir mehr lernen können". Sowohl für Gläubige als auch für Wissenschaftler sei das Eingeständnis wichtig, dass es vieles gebe, was wir nicht wissen. Aber ebenso wichtig sei es, "niemals vor einem selbstgefälligen Agnostizismus Halt zu machen", und nie "sollten wir Angst haben, mehr zu lernen". Auf der Ebene der Metaphysik sah der Papst die Möglichkeit, in den Dingen die "erste Ursache von allem" anzuerkennen, auf der Ebene des Glaubens akzeptiere man die "Selbstoffenbarung Gottes". Die Harmonisierung dieser verschiedenen Perspektiven öffne uns "hoffentlich für die Weisheit".

- hhp