In dem Interview bedauert Simone Horstmann bei der klassischen Theologie die "strukturelle Ausblendung der Tiere ... zugunsten des Menschen". Die Heraushebung des Menschen aus der Mitwelt müsse jetzt mit ökologischen Kosten bezahlt werden. Daher trage die Unterscheidung Mensch-Tier nicht mehr, und die großen Differenzen müssten aufgebrochen werden. Erst dann könne man vom Beherrschen zum Verstehen der Tiere übergehen. Durch die Tiere könne man die Vorstellung der Pyramide mit dem Menschen an deren Spitze überwinden, so dass Tiere zu Freunden werden können. Auch einen Himmel ohne Tiere kann Horstmann sich nicht vorstellen: "Wenn Tiere am Ende nicht zählen, können wir aufhören, schöne Reden von der Schöpfung zu schwingen". - hhp

Humanoide Roboter sind faszinierend und erscheinen zugleich bedrohlich. Durch künstliche Intelligenz verschwimmen zusehends die Grenzen zwischen Mensch und Maschine – ein Szenario mit dem sich die Filmbranche schon seit längerem auseinandersetzt. Was passiert, wenn selbstlernende Algorithmen mit den Gefühlen der Menschen spielen und diese beeinflussen können? Kann ein Roboter emotionale, romantische Beziehungen eingehen? Damit wird nicht nur das christliche Menschenbild auf den Kopf gestellt, sondern auch die Frage evoziert, wie wir in Zukunft leben wollen. - lm

Als Christ sollte man für die Bewahrung der Schöpfung eintreten. Es bedarf wohl keiner großen Überzeugungskünste, dass die heute weit verbreitete konventionelle Massentierhaltung kaum damit vereinbar ist. Verantwortungsbewusste Christ*innen sollten sich daher konsequenterweise wenn nicht gleich vegan, so doch zumindest vegetarisch ernähren, forderten jüngst zwei Mitglieder des „Christlichen Arbeitskreises Tiere und wir“ in einem Beitrag (https://www.katholisch.de/artikel/31805-fleischlos-leben-die-kirche-sollte-sich-fuer-mehr-tierwohl-einsetzen). Der Diakon und Landwirt Jürgen Donhauser bewertet die Situation anders und tritt für eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema ein. - lm

Der Titel offenbart schon die Marschrichtung des Deutschlandfunkbeitrags: Die Naturwissenschaften werden gegen Bibel und Theologie ins Feld geführt. Selbst wenn mit dem Kirchenhistoriker Hubert Wolf ein Theologe zu Wort kommt, entspricht die Darstellung für meinen Geschmack nicht dem status quo und ist viel zu unterkomplex. So weiß man nie so recht, ob Wolf einen historischen Konflikt (den es ja zweifellos gegeben hat) oder einen gegenwärtigen beschreibt, zumal seine Aussagen im Präsens formuliert sind: "Deshalb wehrt sich die katholische Kirche massiv gegen das Evolutionsdenken", heißt es dort. Und die päpstliche Aussage "Evolutionstheorie ist mehr als eine Hypothese" wird sogleich wieder relativiert durch den Hinweis, dass die Geistseele als unmittelbar erschaffen verstanden werde. Eine Vereinbarkeit von Evolution und Schöpfung wird eher vom Biologen Jürgen Neffe eingebracht, als vom Theologen Wolf. Immerhin gesteht er der Kirche Wissenschaftsfreundlichkeit beim Klimawandel zu. Hier sind wieder einmal Chancen zur Versöhnungsarbeit verspielt worden. - hhp

Auf die Frage "Was macht den Menschen zum Menschen?" findet der Autor: Die eindeutigen Antworten sind nicht die richtigen. Wenn wir akzeptieren würden, dass wir die Welt mit Tieren und mit Maschinen teilen, könnten wir aufhören, die Würde des Menschen mit der Einzigartigkeit der Gattung zu begründen. Dabei orientiert er sich am Renaissance­philosoph Giovanni Pico della Mirandola. Das ist sicherlich - wie die ganze Kolumne - etwas kurz gefasst, aber mal ein erfrischend anderer Ansatz.

- al

In einem offiziellen Gesuch plädiert der Päpstliche Kulturrat für die Rehabilitierung des interdisziplinären Pioniers Pierre Teilhard de Chardin - Anlass für den systematischen Theologen Jan-Heiner Tück, in die Gedankenwelt Teilhards einzuführen. Da mit der positiv zu würdigenden Grundintention Teilhards, Glaube und Evolution zu versöhnen, tiefgreifende Veränderungen in Schöpfungs-, Gottes- und Christusverständnis einher gegangen seien, habe Teilhard von Anfang an bis über seinen Tod hinaus "Schwierigkeiten mit den kirchlichen Autoritäten" gehabt. Erst mit dem Zweiten Vaticanum seien "Rezeptionsblockaden" gefallen, und Papst Franziskus habe nun "positiv auf Teilhard de Chardin Bezug genommen". Der Autor begrüßt eine Rehabilitierung Teilhards, was eine "Selbstkorrektur des römischen Lehramtes" einschließe, aber auch bedeute, "die selektive Rezeption Teilhards in Esoterik und New Age, in Transhumanismus und Digitalismus kritisch unter die Lupe zu nehmen". Bei einer Rehabilitierung müsse allerdings "die methodische Unschärfe, aber auch die eigenwillige Begrifflichkeit Teilhards" vermieden werden, wenn man im aktuellen interdisziplinären Gespräch ernst genommen werden wolle.

Wenn der Leiter der vatikanischen Sternwarte, Guy Consolmagno, ganz wie seine atheistischen Freunde Gott im Universum nicht finden kann, ja das Universum für sinnlos hält, wird man hellhörig. Bei näherem Hinsehen erweist sich der Titel des Artikels allerdings als leicht erschummelt, denn vollständig wiedergegeben heißt es: "Das Universum AN SICH ist sinnlos". Dies stimmt für Consolmagno deshalb, da es für ihn mehr gibt als das Universum und mehr als Wissenschaft, und da er Sinn, Zweck und Gott außerhalb des Universums verortet. Gott sei "übernatürlich, jenseits des Universums". Poesie sei eine bessere Ausdrucksform dafür als die Sprache der Wissenschaft. Man verlange schließlich auch keinen mathematischen Beweis für Mutterliebe. In gleicher Weise sei auch der Schluss von Design auf Gott ("Intelligent Design") unstatthaft. Auch wenn Consolmagno keinen deistischen Gott meint, so betont er doch primär die Transzendenz Gottes. Die Immanenz kommt indes zu kurz mit der Gefahr, sich "unter Gott ein übergroßes, räumlich von uns getrenntes Wesen, einen himmlischen Übervater, der über aller Welt thront, also im Jenseits sitzt" vorzustellen, wie der systematische Theologe Hans Kessler an anderer Stelle betont. Dabei werde "nicht bedacht, dass ein derart außerhalb der Welt sitzender Gott durch die Welt begrenzt, also nicht unbegrenzt, nicht unendlich und damit gar nicht Gott wäre".

- hhp

John Farrel sorgte mit der Überschrift "Es wird Zeit, die 'theistische Evolution' in den Ruhestand zu schicken" zunächst für eine kurze Schrecksekunde, regte dann aber zum Nachdenken an. Beliebt ist das Konzept der theististischen Evolution (TE) weder bei Kreationisten, da diese dem "Feind" in die Hände spiele, noch bei Richard Dawkins, der in der TE den Versuch wittere, Gott "durch die Hintertür einzuschmuggeln". Aber auch gläubige Wissenschaftler raten vom Etikett TE ab: Für die Chemikerin Stacy A. Trasancos sehen Gläubige automatisch alle biologischen und physikalischen Prozesse als von Gott geschaffen und im Sein gehalten an. Der Zusatz "theistisch" sei daher unnötig und impliziere zudem, dass auch das Gegenteil möglich sei. Und der Biologe Kenneth R. Miller lehnt die Bezeichnung TE für sich ab, da sie immer wieder zu dem Missverständnis geführt habe, er vertrete damit einen intervenierenden Gott - dabei glaube er an das exakte Gegenteil. Ähnlich wie Trasancos glaubt auch Miller, dass die Qualifizierung der Evolution als religiös bedeutsam impliziere, dass anderen Feldern der Wissenschaft diese Bedeutsamkeit fehle. Genau dies aber weist Miller zurück.

- hhp

Klaus Müller, Professor für Philosophische Grundfragen der Theologie, empfiehlt der Theologie, der "panentheistischen Wende" und ihren "prozessphilosophischen Motiven" zu folgen, wenn sie "die Herausforderung durch das alle moderne Naturwissenschaft leitende Paradigma der Evolution ernst nehmen" will. Der PanENtheismus (die Welt ist in Gott, Gott aber mehr als die Welt) überbiete einerseits einen Pantheismus, der Gott und Welt gleich setze, andererseits einen klassischen Theismus, der die Gott-Welt-Differenz betone. Dadurch wäre Gott als Schöpfer, ja auch als Person angemessener zur Sprache zu bringen: "Sofern der Mensch sich selbst in seiner Personalität als staunenswert gewahrt, begegnet ihm im Staunenswerten der Welt etwas ... Konnaturales, das ihn ermutigt, eben jener Weltdimension Personalität zuzuschreiben". Bei aller Zustimmung könnte man an Müller die Frage richten, ob der "schultheologische Monotheismus", der laut Müller "knietief in der Krise" steckt, nicht bereits den geforderten Panentheismus in Ansätzen enthält - implizit (Karl Rahner, Jürgen Moltmann) oder explizit (Hans Kessler, Prozessphilosophie inklusive). Dass die Theologie diese Ansätze ausformulieren sollte, um "für die ontologischen Verpflichtungen, die sie mit ihrer Gottrede eingeht, auch intellektuell aufzukommen", wäre freilich im interdisziplinären Dialog mit den Naturwissenschaften eine plausible Forderung und ein vielversprechendes Forschungsprogramm. Und nach der Forschung käme dann die Vermittlung ...

- hhp

Der Beitrag stellt die Forderung einer Expertengruppe vor, Lehrpläne zu ändern und Evolution schon in der Grundschule zu lehren. Verabschiedet wurde dies in einer Resolution, deren Wortlaut wiedergegeben wird. Die pädagogischen Bedenken, das Thema überfordere Grundschüler, sei mit empirischen Gründen ausgeräumt, heißt es dort. Dass Evolution bisher in keinem Grundschullehrplan Platz finde, stehe im Widerspruch zur Bedeutung der Evolutionstheorie bei allen Lebenswissenschaften. Der Anspruch wird jedoch über die Lebenswissenschaften hinaus ausgeweitet: Evolution sei der "wohl wichtigste Bestandteil des modernen Welt- und Menschenbildes". Hier dürfte für manche der Bogen weltanschaulich allzu überspannt und etwas mehr Bescheidenheit angebracht sein. Die Gefahr des Biologismus zeigt sich auch in der impliziten Frontstellung gegen Religion und Weltanschauungen: Während man im Zusammenhang mit Wissenschaft von "Erkenntnissen" spricht, gerät Schöpfung in den Kontext von "Mythen", und religiös-weltanschauliche Erziehung drohe Schüler zu "beeinflussen". Die Beteiligung der Giordano-Bruno-Stiftung und des explizit atheistischen AK Evolutionsbiologie schlagen hier anscheinend zu Ungunsten weltanschaulicher Neutralität durch. Dem eigentlich plausiblen Anliegen, Evolution in die Grundschule zu bringen, dürften diese völlig unnötigen Frontstellungen eher schaden als nutzen.

- hhp