Charles Darwin über die Religion

Leitartikel von John Hedley Brooke

Was hatte Darwin zum Thema "Religion" zu sagen? Was waren seine religiösen oder auch anti-religiösen Glaubensvorstellungen? Glaubte er, dass seine Evolutionstheorie dem Glauben an einen Schöpfer widersprach? War es seine revolutionäre Wissenschaft, die ihn in einen Agnostiker verwandelt hat?Es ist wichtig, diese Fragen sorgfältig zu beantworten, denn Darwins Autorität und Beispiel werden oft herangezogen, um metaphysische oder theologische Behauptungen zu rechtfertigen, die weit über die Einzelheiten seiner evolutionären Biologie und die seiner wissenschaftlichen Nachfolger hinausgehen.

Darwins großes Geschenk an die Wissenschaft war es, eine Erklärung für das aufzuzeigen, was als das "Geheimnis der Geheimnisse" beschrieben worden war: die sukzessive Erscheinungsweise neuer Arten, wie sie in dem Fossilienbestand erkennbar sind. Wenn neue Arten aus vorher existierenden Arten durch einen Prozess der natürlichen Auslese hervorgehen konnten, war es nicht länger notwendig, "unabhängige Schöpfungsakte" - wie Darwin es nannte - anzunehmen. Von Atheisten und wissenschaftlichen Materialisten wurde die Plausibilität von Darwins Theorie sehr gerne herangezogen, um die Vorstellung eines göttlichen Eingreifens in der Natur zu widerlegen und um den lange in Ehren gehaltenen Glauben herauszufordern, dass jede Spezies separat und detailliert von ihrem Schöpfer gestaltet worden sei. Wenig überraschend gab es daher unter religiösen Gläubigen gegenüber der Evolutionstheorie einige Vorbehalte bis hin zu einer offenen Feindschaft, die in sehr konservativen religiösen Kreisen bis heute anhält. Darwins Theorie hat die Christenheit sicherlich gespalten; doch eine lange Tradition des Angleichens und Anpassens an seine Theorie führt zu der Annahme, dass wenigstens einige von Darwins Einsichten religiösen Denkern wie Wissenschaftlern gleichermaßen als Geschenk erscheinen können. Wie Aubrey Moore (ein anglikanischer Theologe des 19. Jh.) bemerkte, hatte Darwin getarnt als Feind in Wirklichkeit eine Freundschaftstat getan, nämlich diejenige, die Christenheit von einem falschen Gottesbild zu befreien, in dem Gott nur dann in der Welt gegenwärtig war, wenn er wie ein deus ex machina eingriff.

Darwin und das Ungenügen markanter Sprüche

Es gibt keine einfache Antwort auf die Frage nach Darwins religiöser Ausrichtung. Zum Teil liegt das daran, dass sie sich im Laufe der Zeit verändert hat. Näherungsweise kann man sagen, dass sein Glaubensweg von der christlichen Orthodoxie seiner Jahre in Cambridge über einen unbiblischen Deismus zu der Zeit als die Entstehung der Arten publiziert wurde bis hin zu einer eher agnostischen Position in seinem späteren Leben verlief. Dies ergibt eine hübsche und auch ironische Geschichte, denkt man an Darwins anfängliche Ausbildung zum anglikanischen Priester und denkt man an die klerikalen Angriffe, die seine Theorie aushalten musste. Es bedeutet jedoch auch, dass was für ihn zu bestimmten Zeiten seines Lebens glaubhaft erschien, zu anderen Zeiten nicht mehr war. Die Empfänglichkeit zum Beispiel, mit der er in den frühen 1830er Jahren auf die erhabene Schönheit des Brasilianischen Regenwaldes reagierte, und die er - so sagte er selbst - mit seinem Glauben an Gott in Verbindung gebracht hatte, war im hohen Alter verschwunden. Im Jahre 1859, im Alter von 50 Jahren, konnte er immerhin noch glauben, dass die Gesetze, welche die Entwicklung und Entfaltung des Lebens steuerten, ihren Ursprung in einem Schöpfergott hatten.

Ein zweiter Grund, warum Darwins Position schwer zu bestimmen ist, betrifft die Schwankungen in seinem Glauben. In privater Korrespondenz gab er zu, dass seine Überzeugungen oft schwankten, selbst in seinen stärksten agnostischen Phasen. Es gab Zeiten, da er seinen eigenen Worten nach annahm, dass er es durchaus verdiene, Theist genannt zu werden. Zu anderen Zeiten schwand die Stärke seines Glaubens an einen letzten Schöpfer. Wie dem auch sei, er bestand darauf, niemals ein Atheist in dem Sinne gewesen zu sein, dass er die Existenz Gottes verneine - etwas, das von seinen fundamentalistischen Kritikern und seinen atheistischen Befürwortern oft übersehen wird.

Der Versuch, solch einen feinsinnigen, ehrlichen und einfallsreichen Denker wie Darwin auf markige Sprüche zu reduzieren, kann nur fehlschlagen. Er bekannte häufig seine Überzeugung, dass dieses wundervolle Universum kein Zufallsprodukt sein könne. Er fügte jedoch typischerweise noch etwas hinzu: wie er sich das Universum nicht als Zufallsprodukt vorstellen konnte, konnte er  genauso wenig dessen viele Lebensformen betrachten und darin Anzeichen von Design erkennen. Er war in einem Rätsel gefangen und sagte auf seine übertrieben bescheidene Weise, er sei in einem hoffnungslosen Durcheinander verstrickt. Wie es gleichermaßen notwendig war, sowohl an den Determinismus als auch den freien Willen zu glauben, suchte er trotz des Problems, beide zu vereinen, nach einer Möglichkeit, die sowohl Zufall als auch Design umfasst. Während der frühen 1860er versuchte er sich an der Formulierung, dass die große Vielfalt der lebenden Dinge ein Ergebnis von "gestalteten Gesetzen" war, wobei die Details dem Zufall überlassen worden waren.

Eine weitere Schwierigkeit betrifft die Tatsache, dass der religiöse Glauben für Darwin zur Privatsphäre gehörte. Er wies einmal alle diesbezüglichen Nachfragen mit den Worten zurück, er könne nicht erkennen, warum seine Überzeugungen irgendjemand anders als ihn selbst angehen sollten. Die Schwierigkeit besteht hier darin, dass seine Schriften Bemerkungen beinhalteten, die dazu verfasst waren, möglichst wenig Widerspruch hervorzurufen. Er wusste, es gab Dinge die er sagen oder besser nicht sagen sollte, insbesondere im Blick auf den menschlichen Geist, wenn er sich die öffentliche Sympathie bewahren wollte. Er war sich auch sehr genau bewusst, dass seine Ansichten, insbesondere diejenigen zu der Evolution des Sinnes für Moral, seiner Frau Emma Nöte bereiten würden. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es Grade von Ambivalenz in Darwins Bemerkungen über die Religion gibt, welche es schwierig machen, diese zu interpretieren. Anzunehmen, dass seine Bezüge auf einen Schöpfer in der Entstehung der Arten einen privaten Atheismus verbargen und nur dazu dienten, seine Zuhörerschaft zu beschwichtigen, wäre allerdings eine sehr extreme Interpretation. So gestand er dem Botaniker Asa Gray aus Harvard in einem Brief vom Mai 1860:

"Ich habe durchaus nicht die Absicht gehabt atheistisch zu schreiben... ich kann dafür keinen Grund einsehen, warum ein Mensch, oder ein anderes Tier, ursprünglich nicht durch andere Gesetze hervorgebracht worden sein könnte; und dass alle diese Gesetze ausdrücklich von einem allwissenden Schöpfer vorausbestimmt sein könnten, welcher jedes künftige Ereignis und deren Folge voraussah. Je mehr ich darüber nachdenke, desto verwirrter werde ich." [1]

Darwins Auseinandersetzung mit dem Erbe einer christlichen natürlichen Theologie

Der schrittweise Prozess, in dem Darwin das Christentum hinter sich ließ, war sicherlich zu der Zeit abgeschlossen, als er die Entstehung der Arten in den späten 1850er Jahren verfasste. Einiger Zweifel wurde während seiner Reise auf der HMS Beagle gesät, wo er einen Grad an Gewalttätigkeit und Instabilität in der Natur zu Gesicht bekam, der nicht mit der stabilen, "glücklichen Welt" von William Paley's Natural Theology (1802) übereinstimmte. Darwin war von diesem Buch mit seinen detaillierten Beschreibungen der Anpassungen, die an Pflanzen und Tieren gefunden werden konnten, gefangen gewesen. Für Paley legten sie Zeugnis für die Weisheit und Macht ihres Schöpfers ab, der sich selbst um die niedrigste Kreatur aufwendig kümmert. Was seine lebenslange Faszination am Studium dieser Anpassungen angeht, blieb Darwin in der Schuld Paleys, den er als Resonanzboden benutze, um seine naturalistische Theorie zu überprüfen, wie solche Anpassungen durch den vervollkommnenden Prozess der natürlichen, auf Basis von Zufallsvariationen arbeitenden, Auslese erreicht werden konnten.

In Südamerika sah Darwin die zerstörerischen Auswirkungen eines Erdbebens; er beobachtete die Grausamkeit der Natur auf einer grandiosen Skala; er registrierte die erschütternde Zahl an Arten, die ausgelöscht worden waren; und er erlebte den schrecklichen Kampf ums Überleben, dem sich die Ureinwohner von Tierra del Fuego gegenüber sahen. Solche Erfahrungen - wenn sie mit philosophischer Reflektion kombiniert wurden - machten es schließlich für ihn schwierig, in der Natur die Taten einer wohlwollenden Gottheit zu erkennen. Er war insbesondere von der Tatsache beeindruckt, dass weder die Fuegianer noch die Ureinwohner Australiens einen angeborenen Gottessinn zu haben schienen. Dies brachte ihn dazu, eine der grundlegensten Annahmen seiner Tage zu hinterfragen, nämlich dass Menschen durch ihren Besitz eines religiösen Sinnes von Tieren deutlich unterschieden werden konnten.

Es wird allgemein angenommen, dass Darwins Wissenschaft für seine Ablehnung des Christentums verantwortlich war. Eine weniger verbreitete, feinsinnigere Ansicht ist, dass seine Ablehnung des Christentums eine Vorbedingung seiner innovativen Wissenschaft war. Beide Interpretationen beziehen sich allerdings auf dieselbe Grundannahme - nämlich die eines inhärenten Konflikts zwischen Wissenschaft und Religion. Die Wirklichkeit war komplexer. Es gab Eigenschaften eines aufkommenden wissenschaftlichen Naturalismus, die zu neuen Formen des Skeptizismus in religiösen Fragen beitrugen, und Darwins Schriften machen sie offenbar. Die Hauptgründe für seine Ablehnung des Christentums lagen allerdings anderswo. Während seine Wissenschaft in der Tat eine Rolle dabei spielte, ihn gegen die Annahme einer in den Lauf der Welt eingreifenden Gottheit einzunehmen, hatte der Verlust früherer christlicher Überzeugungen mehr mit Angelegenheiten zu tun, die allen Menschen gemein sind, als mit Schlussfolgerungen, die seine Theorie natürlicher Auslese nach sich zog. Die Behauptung, es sei seine Ablehnung des Christentums gewesen, die seine Wissenschaft möglich machte, leidet darunter, dass seine Theorie bereits 1837/38 Gestalt annehmen zu begann, bevor er den Glauben an eine göttliche Vorsehung aufgab.

Die Bedeutung von Darwins Wissenschaft für seine Ablehnung des Christentums

Darwins Wissenschaft hatte in der Tat in verschiedener Hinsicht Auswirkungen auf seine Gedanken bezüglich der Religion. Wie seine Frau Emma vor ihrer Hochzeit wahrgenommen hatte, konnte eine skeptische Einstellung, die durch rigorose Untersuchungen kultiviert worden war, Überzeugungen zersetzen, die nicht beweiskräftig bezeugt waren. Die großartigen Fortschritte, die bei Darwins naturalistischen Kollegen in der Astronomie und in der Geologie gemacht wurden, bestärkten ihn in der Ansicht, dass "je mehr wir über die festgesetzten Naturgesetze wissen, Wunder umso unglaublicher werden."[2] Die Tatsache, dass die Variationen, auf deren Basis die natürliche Auslese arbeitete, zufällig auftraten, und nicht direkt mit einem voraussichtlichem Nutzen in Beziehung gesetzt werden konnten, nahm ihn gegen die von Asa Gray vorgetragene Ansicht ein, dass neue Variationen von der Gottheit bis ins Einzelne geregelt wurden.

Wie viele religiöse Kommentatoren wahrgenommen haben, machte eine Betonung auf der natürlichen Auslese und auf einem kompetitiven Kampf ums Dasein das Problem des Leidens überdeutlich. Darwin selbst zog in Erwägung, dass die Anwesenheit von so viel Schmerz und Leid in der Welt eines der schlagkräftigsten Argumente gegen den Glauben an eine wohlwollende Gottheit war - und doch war genau dies seiner Theorie der natürlichen Auslese zufolge zu erwarten. Auch in einer anderen zentralen Hinsicht trug Darwins Wissenschaft zu seinem letztendlichen Agnostizismus bei. Sie stellte sogar eine Rechtfertigung dafür dar. Wenn der menschliche Geist selbst das Produkt eines evolutionären Prozesses ist, kann man ihm so weit vertrauen, verbindliche Schlussfolgerungen hinsichtlich metaphysischer und theologischer Fragen zu erlangen? In den großen Fragen des Sinns, der Bestimmung und der Existenz Gottes wurde Darwin schließlich unsicher, ob er seinen eigenen Überzeugungen Glauben schenken sollte.

Moralische und existentielle Fragen

Als Darwin schrieb, er könne nicht erkennen wie jemand wünschen könne, dass das Christentum wahr sei, dachte er nicht an eine angenommene Unvereinbarkeit mit der Wissenschaft. Die Frage war eher die Kohärenz mit einer zivilisierten Moral. Er dachte an die Lehre der ewigen Verdammnis für die Unbekehrbaren wie sie zu seiner Zeit allgemein gepredigt wurde. Freidenker jenseits der christlichen Gemeinde - und dies schloss seinen Großvater Erasmus Darwin, seinen Vater und seinen Bruder Erasmus mit ein - waren zu ewiger Verdammnis verurteilt, sollte diese Lehre war sein. Für Charles war es diese Lehre, die "verdammenswert" war, nicht seine Verwandten.[3]

Es gab philosophische wie auch ethische Dinge, die zu überlegen waren. Darwin war sich sehr dessen bewusst, dass die Annahme einer ersten Ursache für das Universum eine rebellische Frage betreffs der Ursache für diese Ursache einlud. Gemeinsam mit dem skeptischen Philosophen des 18.Jh., David Hume, gab Darwin auch der Überlegung Gewicht, dass falsche Religionen sich schon immer schnell verbreitet haben. Er fand die Wundergeschichten im Neuen Testament nicht ausreichend überzeugend, um die Bibel als göttliche Offenbarung anzuerkennen und seine generelle Antipathie gegenüber Offenbarungsbehauptungen war oft begleitet von Bemerkungen über die Unwissenheit der biblischen Schriftsteller.

Für einige Gelehrte, insbesondere Darwins Biograph James Moore, markierte der frühe Tod von Darwins Lieblingstochter Annie 1851 den wirklichen Wendepunkt in Darwins Auseinandersetzung mit dem Christentum. Man kann die Briefe, die Charles und Emma in dieser trostlosen Zeit wechselten, nicht lesen, ohne mit ihnen Tränen zu vergießen. Warum sollte ein so unschuldiges Kind leiden? Welches Muster konnte bloß in solchen menschlichen Tragödien entdeckt werden? Annies Tod war ein herzzerreißendes Beispiel eines allgemeinen Problems (und eines, welches dem eigenen Zuhause am nächsten war), das Darwin bei dem Versuch erlebte, bestimmte Ereignisse zu rationalisieren. Nachdem die Entstehung der Arten veröffentlicht war, begann er eine höchst aufschlussreiche Korrespondenz mit Asa Gray, in dem die Frage des Designs in der Natur tiefgründig erforscht wurde. Für Gray war die natürliche Selektion nicht inkonsistent mit einer christlichen natürlichen Theologie; Darwin war diesbezüglich skeptischer. Er frage Gray, ob dieser glaube, dass wenn ein Mann unter einem Baum stehe und von einem Blitzschlag getroffen werde, es Design in solch einem Ereignis gäbe. Während er Gray zu einer Antwort drängte, gestand Darwin, dass viele dies glaubten, er könne es aber nicht. In den frühen 1860ern war Darwin dann sicher, dass die Geschicke des Lebens (und so auch die zahllosen Kontingenzen in evolutionären Prozessen) nicht der unmittelbaren Kontrolle eines göttlich Handelnden zugeschrieben werden sollten.

Dies bedeutete allerdings nicht, dass ein letzter Schöpfer und Designer des Universums aus seiner Naturphilosophie getilgt wurde. Er glaubte nicht, dass das Universum selbsterklärend war, und in den späten 1850ern und den frühen 1860er Jahren war er immer noch willens, die Naturgesetze, wie sie von einem Schöpfer festgelegt worden waren, so zu beschreiben, dass das höchste Gut, dass wir fassen können - die Erschaffung höherer Tiere - hervorgebracht würde. In seinem großen Buch über natürliche Selektion, von dem die Entstehung der Arten eine Zusammenfassung war, definierte er explizit, was er mit "Natur" meinte, um dies klar zu stellen: "Mit Natur meine ich die von Gott festgelegten Gesetze, um das Universum zu regieren."[4]

Dies ist nicht der atheistische Darwin, wie er populär gern dargestellt wird.

Darwins Deismus

Es wird oft gesagt, dass Darwins Wissenschaft jede Art von Zweck in der Natur ausgeschlossen hat. Das ist streng betrachtet nicht richtig, weil die deistische Naturphilosophie, mit der er sich wohl fühlte, immer noch etwas zuließ, was sein Popularisierer Thomas Henry Huxley als "höhere Teleologie" beschrieb. Es blieb möglich, die Erschaffung höherer Tiere und insbesondere Menschen mit ihrer Fähigkeit, Güte und Schönheit zu schätzen, als im Anfang des Universums angelegt anzusehen. Aus diesem Grund konnte Huxley sagen, Darwins Theorie hätte nicht mehr mit Theismus zu tun als das erste Buch Euklids - nämlich gar nichts. Es war unangemessen, von den Einzelheiten organischer Strukturen auf Design zu schließen, doch fortschreitende Trends in einem schöpferischen evolutionären Prozess konnten die Basis einer revidierten natürlichen Theologie formen. Darwins Verweise auf "Gesetze, die der Materie vom Schöpfer vorgegeben wurden", waren in der zweiten Auflage der Entstehung der Arten stärker ausgeprägt als in der ersten, und er schien in der Tat geglaubt zu haben, dass diese Sichtweise der Designfrage bedeutete, dass seine Sichtweise der Veränderlichkeit der Arten von theologischer Kritik ausgenommen würde. In der zweiten Auflage konnte er "keinen guten Grund erkennen, warum Ansichten, die in diesem Band dargestellt werden, die religiösen Gefühle irgendjemandes verletzen sollten."[5]

Die Tatsache, dass dies dennoch der Fall war, und dass seine Theorie öfter wegen ihrer religiösen Implikationen angegriffen als ihrer wissenschaftlichen Qualität wegen beurteilt wurde, bedeutete dass Darwin in den 1860ern zunehmend von denen gereizt wurde, die meinten, in religiösen Fragen ein Hühnchen mit ihm rupfen zu können. Seine Frustration zeigt sich oft in seiner Korrespondenz, so z.B. in einem Brief, den er im September 1868 an Joseph Hooker schrieb: "Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht das weiseste für Wissenschaftler wäre, den ganzen Gegenstand der Religion zu ignorieren."[6] Nicht, dass er selbst dazu in der Lage war. Als er den Gegenstand der menschlichen Evolution in Die Abstammung des Menschen (1871) ansprach, stellte er Vermutungen über die Ursprünge der Religion und die Entwicklung des Sinnes für Moral an. Er nahm an, dass die Tendenz in primitiven menschlichen Gesellschaften, natürliche Phänomene unsichtbaren Geistern zuzuschreiben von dem Verhalten seines bellenden Hundes nicht so verschieden sein dürfte, der wie Darwin vermutete, sich einen unsichtbaren Eindringling als Grund der Bewegung eines im Wind schwankenden Sonnenschirms vorstellte. Der Sinn für Moral habe sich als Folge des grundlegenden menschlichen Verlangens entwickelt, die Zustimmung anderer zu erlangen. Egoistische Handlungen, die den Verlust dieser Zustimmung riskierten oder zu deren Verlust führten, würden die Gefühle der Sorge und des Unbehagens führen, Voraussetzungen des Aufkommens eines Gewissens. Trotz dieser Ausweitung einer naturalistischen Erklärung, mit der er seiner Zeit voraus war, dachte Darwin nicht, dass er die Relativität moralischer Werte beförderte. Die goldene Regel, dass wir andere so behandeln sollten wie wir selbst behandelt werden wollten, stellte das höchste moralische Prinzip dar. Es war nicht Darwins Ziel, es zu bestreiten, sondern schlicht zu erklären, wie es entstanden war. Seine Erklärung gestand religiösen Glaubensannahmen eine wichtige Rolle in der Verstärkung moralischer Regeln zu.

Darwins Vermächtnis im religiösen Bereich

Die religiösen Kontroversen, die Darwins Wissenschaft umgeben, sind, was die christlichen Kirchen angeht, gut dokumentiert, für andere Religionen jedoch weniger vollständig aufgezeichnet. Aufmerksamkeit wurde zu Recht den Problemen gezollt, die sich denen stellten, die die Schöpfungserzählungen in der Genesis noch wörtlich zu lesen wünschten oder die anerkannten, dass das Prinzip der natürlichen Selektion eine Revision der natürlichen Theologie erforderte. In Bezug auf das Christentum muss man unterscheiden zwischen dem Verständnis innerhalb der populären Religion und demjenigen einer christlichen Bildungsschicht, die die verschiedenen literarischen Gattungen, die sich in der Bibel finden, zu schätzen gelernt hatte. Ein Vermächtnis Darwins war das Eingeständnis, dass Versuche, Wissenschaft mit der Schrift zu harmonisieren, unter der Voraussetzung, dass die Bibel eine Autorität in Fragen der Naturwissenschaft darstellte, unangemessen und widersinnig waren.

Es gab andere Vermächtnisse, die von christlichen Kommentatoren wohlwollend aufgenommen wurden. Einer von Darwins frühesten Konvertiten war der christliche Sozialist Charles Kingsley, der mit seinen populären Novellen sicherlich mehr als irgendjemand anders getan hat, um evolutionäre Ideen der englischsprechenden Öffentlichkeit zu übermitteln. Kingsley erfreute Darwin, als er zustimmend formulierte, es sei "eine ebenso vornehme Konzeption der Gottheit, zu glauben, dass sie Ursprungsformen schuf, die der eigenen Entwicklung fähig waren, wie, dass sie eine neue Interventionshandlung benötigte, um die Lücken zu schließen, die sie selbst gemacht hatte". Kingsley deutete an, dass er den ersteren den "erhabeneren Gedanken" fand [7].

Darwins fähigster Verteidiger in Nordamerika, Asa Gray, betrachtete die neue Theorie ebenfalls von einem christlichen Standpunkt aus. Übereinstimmend mit Darwin und mit dem Mitbegründer der Theorie der natürlichen Auslese, Alfred Russel Wallace, schätze Gray die Folgerung, dass alle Lebewesen durch eine einzige evolutionäre Geschichte verbunden waren. Im Gegensatz zu der Ansicht dass die verschiedenen menschlichen Rassen getrennte Schöpfungen waren, was leicht Rassenvorurteile stärken konnte, erfreute sich Gray daran, dass die Menschheit eine einzige durch eine gemeinsame Herkunft vereinte Art konstituierte. Neueste Forschungen haben gezeigt, wie Darwins eigene Abscheu der Sklaverei sein Denken über die Ursprünge und die Einheit der menschlichen Art beeinflusste.[8] Gray glaubte auch, dass Darwin eine neuen Ansatz bot, um das theologische Problem des Leidens anzusprechen. Während Darwins Theorie wirklich auf eine gewisse Weise Leid, Kampf, Grausamkeit und Verschwendung in den Werken der Natur in den Mittelpunkt stellte, glaubte Gray, dass wenn sie die Voraussetzungen für die Möglichkeit eines kreativen Prozesses waren, der in der Menschheit zustande kam, ihre Anwesenheit besser verstanden werden könnte. Diese Argumentationslinie, in der Darwins Theorie ein Ansatz für die Konstruktion von Rechtfertigungen Gottes angesichts des Leidens in der Welt wurde, findet sich auch heute noch bei evolutionären Biologen, die religiöse Sympathien haben, wieder. Auf die Frage, warum es so viele unangenehme, ja sogar teuflische Kreaturen in der Welt gab, hatte Darwin selbst geantwortet, dass dies ein Problem größerer Art für diejenigen war, die an eine direkte und getrennte Schöpfung jeder Art glaubten - weil die Gottheit dann unmittelbar verantwortlich wäre für abscheuliche Weichtiere und Wespen, die ihre Eier in die Körper von Raupen legen. Doch wenn die einzige Welt, in der die Evolution menschlicher Wesen möglich war, eine Welt war, in der die Erschaffung dieser anderen Wesen ebenfalls möglich war, könnte die Gottheit auf eine gewisse Art und Weise freigesprochen werden?

Darwins wiederholte Berufung auf Naturgesetze, die ihren Ursprung in einem höchsten Schöpfer haben, vertrug sich mit dem Denken der meisten aufgeschlossenen religiösen Denker. Ein einschlägiges Beispiel ist Frederick Temple, der bereits 1860 eine Predigt in Oxford hielt, in der er die Erweiterung der wissenschaftlichen Erklärung begrüßte und diejenigen schalt, die versuchten, theologisches Kapital aus Phänomenen zu schlagen, die die Wissenschaft noch nicht erklären konnte. Dies stellte eine frühe Anerkennung der Gefahren für religiöse Apologeten dar, die ihre Hoffnungen auf einen Lückenbüßer-Gott setzten, dessen Zuständigkeit immer mehr schrumpft, je weiter die Wissenschaften voranschreiten. Temple akzeptierte die Lehre von der Evolution, und fand in Darwins Theorie eine willkommene Vereinigung der Natur und der Möglichkeit zu glauben, dass die Geschichte des Lebens auf der Erde fortschreitend und nicht richtungslos ist. Die Tatsache, dass Temple in den 1880er Jahren Erzbischof von Canterbury wurde, symbolisiert die Akzeptanz von Darwins Errungenschaften durch die englische Kirche. Als Darwin im April 1882 starb, wurde er in Westminster Abbey begraben und die nationalen Zeitungen fanden daran keinen religiösen Anstoß[9]. The Times erklärte den Zusammenstoß zwischen Huxley und Bischof Wilberforce im Jahre 1860 ein Stück "alte Geschichte"; die liberale Daily News fügte hinzu, dass die Darwin'sche Lehre ziemlich konsistent "mit starkem religiösem Glauben und Hoffnung" sei.

Der Hinweis auf die Wilberforce-Huxley Debatte bei dem Treffen der British Association for the Advancement of Science 1860 ist eine Erinnerung an die Vielfalt religiöser Reaktionen. Der Bischof von Oxford empfand Darwins Theorie anstößig in Hinsicht auf ihre Annahme einer Kontinuität zwischen Menschen und menschlichen Vorfahren. Wilberforces Behauptung, dass eine Stufenfolge von Primaten zu Menschen inkompatibel mit christlichen Behauptungen der menschlichen Einzigartigkeit sei, übersah die Tatsache, dass es nicht bedeutete, Menschen seien nichts als Affen, wenn man annahm, dass sie von affenartigen Vorfahren abstammten. Seine unversöhnliche Reaktion als vollkommen typisch für die religiöse Reaktionen anzusehen, ist allerdings ein weit verbreiteter Fehler.

Ein weiteres Vermächtnis?

Darwins Vermächtnis ist in der Wissenschaft weit davon entfernt, bereits erschöpft zu sein. Auf religiösem Gebiet hat es sich als vielschichtig erwiesen. Die oppositionelle Haltung fundamentalistischer Gruppen und die genauso aggressiven Erwiderungen von verärgerten Atheisten haben zu einer Polarisation beigetragen, die man nur in tiefstem Maße bedauern kann. Es gibt ein weiteres Vermächtnis Darwins, welches, wenn man es sich zu eigen macht, in Zusammenhängen, in denen der Dogmatismus einer der beiden Seiten vorherrscht, nur vorteilhaft sein kann: Die Art und Weise, in der Darwin sich in seinem Umgang mit Freunden und Kritikern gleichermaßen verhielt, sollte immer noch als vorbildlich betrachtet werden. Es gab eine anziehende Demut in der bescheidenen Art, in der er sich weigerte, über heikle Fragen wie die Existenz Gottes oder die Existenz transzendenter Absichten im Universum zu dogmatisieren.

Darwin zeigte auch eine beeindruckende Ehrlichkeit in seiner Rhetorik, mit der er die Schwierigkeiten um seine Theorie offen zugab, ebenso, wie er ihre Stärken unterstrich. Sein Kummer mit dem evolutionären Biologen St. George Mivart war es, dass dieser in seiner starken Kritik an Darwins Abhängigkeit von natürlicher Selektion nur auf den Schwierigkeiten herumritt und die Stärken der Theorie missachtete. Mivart hatte sich zu evolutionärem Gedankengut wie zum römischen Katholizismus erst bekehrt, was es für Darwin und Huxley einfach machte, ihm eine religiöse Motivation für seine Kritik zu unterstellen. Es gab weitere Qualitäten in Darwins Haltung, an denen es zeitgenössischen Gegenspielern oft mangelt. Er wusste, wo man die Grenzen seiner Wissenschaft ziehen musste, und erkannte an, dass die Zukunft neue Einsichten und ein tieferes Verständnis der Prozesse bringen würde, die er zu verstehen suchte. Zwei Grundannahmen charakterisieren die Meisten seiner Gedanken über Fragen von Wissenschaft und Religion. Die eine war die, dass es frevlerisch sei anzunehmen, dass die Gottheit nicht in der Lage sei, ihre schöpferischen Absichten durch natürliche Ursachen zu erreichen. Die andere, mit seinem Agnostizismus verbunden, ist eine Haltung der Toleranz gegenüber denjenigen, deren innigen Glauben er nicht teilte. Wenn er ein Glaubensbekenntnis am Ende seines Lebens hatte, dann war es dies, dass jedermann hoffen und glauben sollte, wie es ihm möglich ist.

John Hedley Brooke
Veröffentlicht im April 2013

(Übersetzung: Andreas Losch, revidiert am 30.10.2014)

Wir bieten diesen Beitrag auch im englischen Original an.

Sie lesen lieber aus einem Buch? Sie finden diesen Artikel auch in unserem Buch zu dieser Webseite, "Wissenschaft und die Frage nach Gott" (Bonn 3. Aufl. 2018). 18 Beiträge von renommierten Autorinnen und Autoren, darunter die Erzbischöfin von Schweden, führen in den Dialog mit der Wissenschaft angesichts der Gottesfrage ein.

Um mehr über Darwins Denken über die Religion zu erfahren, sei auf die Abteilung 'Darwin and religion' des Darwin Correspondence Projects verwiesen: www.darwinproject.ac.uk Andere aktuelle Erörterungen sind u.a. Nick Spencer, Darwin and God (London: SPCK 2009) und die Aufsätze von John Hedley Brooke und Robert J Richards in The Cambridge Companion to the Origin of Species (Cambridge: Cambridge University Press, 2009). Auf Deutsch sei das Buch "Evolution und Gottesfrage. Charles Darwin als Theologe" (Freiburg: Herder Verlag 2013) von Michael Blume empfohlen.

Wir danken John Hedley Brooke und der ISSR, auf deren Internetpräsenz der englische Artikel als erstes erschienen ist, für die freundliche Überlassung des Artikels. Der Artikel wurde auf Bitten des Exekutivkommitees der ISSR geschrieben. Er beabsichtigt nicht, ein akademischer Artikel im strengeren Sinne zu sein, sondern soll als ausgewogene Einleitung in das Thema von Darwins religiösen Überzeugungen dienen, verfaßt von einem der führenden Wissenschaftshistoriker unserer Zeit. Die ISSR behält das Copyright an dem Artikel, gibt jedoch die allgemeine Erlaubnis, ihn ganz oder teilweise wiederzugeben, vorausgesetzt, dass dieser ganze Paragraph ebenfalls wiedergegeben wird.

Die deutsche Übersetzung wurde von Dr. Andreas Losch für theologie-naturwissenschaften.de verfasst.

John Hedley Brooke war Andreas Idreos Professor für Science and Religion und Direktor des Ian Ramsey Centre an der Universität Oxford von 1999 bis 2006. Er ist ein Emeritus Fellow des Harris Manchester College, Oxford und Honorarprofessor für Wissenschaftsgeschichte an der Universität Lancaster. Er gab das British Journal for the History of Science heraus und war Präsident der British Society for the History of Science und der historischen Sektion der British Association for the Advancement of Science. 1995 gab er gemeinsam mit Professor Geoffrey Cantor die Gifford Lectures an der Universität Glasgow.
 

Anmerkungen

[1] Darwin an Asa Gray, 22.Mai 1860, zitiert nach: Francis Darwin (Hg.), Leben und Briefe Charles Darwins, aus dem Englischen übers. von J. Victor Clarus, II. Band, Stuttgart 2. Aufl. 1910, S. 303f. Original: "I had no intention to write atheistically....I can see no reason, why a man, or other animal, may not have been aboriginally produced by other laws; & that all these laws may have been expressly designed by an omniscient Creator, who foresaw every future event & consequence. But the more I think the more bewildered I become." Darwin to Asa Gray, 22 May 1860, in The Correspondence of Charles Darwin. Vol. 8 (Cambridge University Press), S. 224.

[2] Original: "The more we know of the fixed laws of nature the more incredible do miracles become." The Autobiography of Charles Darwin, ed. Nora Barlow (1958), S. 86.

[3] Darwin, Autobiography, S. 87.

[4] Charles Darwin's Natural Selection, Being the Second Part of his Big Species Book Written from 1856 to 1858, ed. R.C. Stauffer (Cambridge 1975), 224.

[5] Original: "...no good reason why the views given in this volume should shock the religious feelings of anyone." The Origin of Species by Charles Darwin: A Variorum Text, ed. M. Peckham (University of Pennsylvania Press), S. 748.

[6] Darwin an Hooker, 8-10 September 1868, in The Correspondence of Charles Darwin. Vol. 16, S. 732.

[7] Kingsley an Darwin, 18 November 1859, in The Correspondence of Charles Darwin. Vol. 7, S. 379-380.

[8] Adrian Desmond and James Moore, Darwin's Sacred Cause: Race, Slavery and the Quest for Human Origins (Allen Lane, 2009).

[9] Adrian Desmond and James Moore, Darwin (Penguin), Kapitel 44.

Bildnachweis
Innenseite von William Paleys Natural Theology (1802)
Charles Darwin im Alter von 51 Jahren @ Wikimedia Commons
Die Titelseite der Erstausgabe von On the Origin of Species (1859) @ Wikimedia Commons
Unter der Notiz „I think“ skizzierte Darwin 1837 in seinem Notizbuch B erstmals seine Idee vom Stammbaum des Lebens  @ Wikimedia Commons
Emma mit dem Sohn Leonard, 1853   @ Wikimedia Commons
Zeitgenössische Darstellung von Darwins Begräbnis, am 6. Mai 1882 in der Zeitschrift The Graphic veröffentlicht  @ Wikimedia Commons

Charles Darwin über die Religion

Sagt ihnen das, was Darwin zum Thema "Religion" zu sagen hatte, etwas? Was halten Sie von seinen religiösen oder auch anti-religiösen Glaubensvorstellungen? Glauben Sie, dass seine Evolutionstheorie dem Glauben an einen Schöpfer widerspricht?

An erster Stelle haben wir Michael Blume, Autor des Buches "Evolution und Gottesfrage. Charles Darwin als Theologe" um einen Kommentar zum Artikel von John Hedley Brooke gebeten.

Kommentare (2)

  • Michael Blume
    Michael Blume
    am 15.04.2013
    Der Text von John Hedley Brooke zu Darwins lebenslanger Auseinandersetzung mit Religion ist wirklich etwas Besonderes. Er ist nicht nur wesentlich sachrichtig, sondern lehnt sich - bis in den letzten Satz hinein - geradezu kunstvoll an Originalzitate von Charles Darwin selbst an. Wunderbar!

    Einzig noch fehlend ist der faszinierende Briefdialog zwischen Darwin und William Graham zu dem Buch des Letzteren, "The Creed of Science - Das Glaubensbekenntnis der Wissenschaft." Darin entwarf Graham einen evolutionären Theismus auf der Höhe des damaligen, wissenschaftlichen Kenntnisstandes - und mit erstaunlicher Les- und Haltbarkeit.

    Darwin war begeistert und schrieb in seinem letzten Juli Graham einen bemerkenswerten Leserbrief, in dem er erklärte: „Es ist sehr lange her, dass mich irgendein Buch so sehr interessiert hat.“

    Graham habe, erklärte Darwin, "meine innerste Überzeugung ausgedrückt, allerdings viel lebendiger und klarer als ich es hätte tun können, dass das Universum kein Resultat des Zufalls ist. Dann aber steigt in mir immer der furchtbare Zweifel auf, ob die Überzeugungen des menschlichen Geistes, der aus dem Geist niedriger Tiere entwickelt worden ist, irgendeinen Wert hätten oder überhaupt vertrauenswürdig wären. Würde jemand den Überzeugungen eines Affengeistes trauen, wenn in solch einem Geist Überzeugungen wären?“

    Leider sind diese suchend-demütige Haltung wie auch der Buchinhalt, der Darwin so begeisterte, wieder weitgehend in Vergessenheit geraten; auf meinem scilog "Natur des Glaubens" kann ich immer wieder darüber staunen, mit welcher Hartnäckigkeit gerade auch selbsternannte "Darwinisten" an einem religionsfeindlich umgedeuteten Darwinbild festhalten.

    So bleibt zu hoffen, dass Texte wie jener von Brooke dazu beitragen, dass wenigstens eine Theisten, Agnostiker und Atheisten ihr Darwinbild differenzieren und vertiefen. Gerade auch in seiner suchenden, erkenntnis- und dialogoffenen Demut kann uns der große Gelehrte und studierte Theologe Charles Darwin ein bleibendes Vorbild sein!
  • Hermann Aichele
    Hermann Aichele
    am 16.04.2013
    Jetzt möchte ich doch auch hier verweisen auf die sehr umfassenden Arbeiten von Joachim Krause zu Darwin - mit fleißig gesammelten und akribisch dokumentierten und sorgsam interpretierten Zitaten zu
    "Darwins Verhältnis zur Religion, sein Wissenschafts­ver­ständnis, Schritte auf dem Weg zur Evolutions­theorie,
    'Zufall', 'Kampf ums Dasein' und andere schwierige Begriffe":
    http://www.krause-schoenberg.de/SB22_zitate_darwin.htm

    Dies nur als zentrale Seite genannt. Es gibt von dort aus Links zu einigen weiteren einschlägigen Seiten.
    Krause gibt in seiner Biographie an: "1982 bis 2010 beruflich tätig als Beauftragter für Glaube, Naturwissenschaft und Umwelt in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens"
    Ich finde, er hat es verdient, in dieser Diskussion mit bachtet und hinzugezogen zu werden.

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