Nobelpreisträger und Quantenphysiker Anton Zeilinger hält den Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft für einen Scheinkonflikt. Zeilinger äußerte dies auf der Abschlussrede der diesjährigen Salzburger Hochschulwochen und hat damit nicht zuletzt auch den Präsidenten der Hochschulwochen, Erzbischof Franz Lackner beeindruckt: "Dass so ein ausgewiesener Experte, Nobelpreisträger der Physik, Gott auf akademischen Boden zitiert, das hat mich sehr berührt." Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, sei nicht nur auf die schriftlichen Kurzdokumentationen verwiesen, sondern v. a. auf das verlinkte 5-minütige Video mit zahlreichen O-Tönen, auch von Zeilinger.

Zeilinger fragt darin: "Woher kommen die Naturgesetze, oder woher kommen Naturkonstanten? ... Und da kann ich sagen, es ist einfach so, oder ich kann annehmen, dass es hier einen Schöpfer gibt, dass es hier einen Gott gibt, von dem das kommt." Zeilinger verleiht seiner Argumentation aber auch durch Rückgriff auf historische Größen seines Faches Autorität: "Max Planck zitiere ich jetzt: 'Für den gläubigen Menschen steht Gott am Anfang, für die Wissenschaftler am Ende all seiner Erfahrungen.'" Und als krönender Abschluss: "Und ich schließe mit einem Wort, das mir sehr am Herzen liegt, von Werner Heisenberg: 'Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, aber auf dem Grunde des Bechers wartet Gott.' Ich danke."

Nun, die Zitate sind schon fast inflationär gebraucht, werden dadurch aber nicht falsch! - hhp

Dieser anlässlich der dritten Coronawelle von Hildegund Keul verfasste tiefgründige Artikel hat auch in der vierten Welle nichts an Aktualität verloren, ganz im Gegenteil. Mehr denn je gilt: "Das Virus legt die Menschheit in ihrer Verwundbarkeit bloß". Für das Thema Verwundbarkeit, Vulnerabilität, ist Keul einschlägig - längst vor der Pandemie. Aber mit der Pandemie wird die Vulnerabilität zu einem neuen "Dispositiv". Gemeint ist damit (nach Michel Foucault) eine Sammlung von Wissen und Maßnahmen, die auf einen Notstand antwortet. So gibt "das Vulnerabilitätsdispositiv ... Antwort auf den Notstand der Pandemie". Gerade weil nun "Vulnerabilität zu den Kernthemen der Theologie gehört", könne diese Entscheidendes zur Pandemie beitragen. Am Kreuz Jesu hat sich gezeigt, dass Verletzlichkeit nicht nur destruktiv sein muss, sondern auch konstruktiv sein kann. Weil dort jemand bereit war, die eigene Verwundbarkeit für andere zu wagen, "geschieht Lebensgewinn durch Lebensverlust". Keul benutzt hier den Begriff der Selbstverschwendung (vgl. die Redewendung "Gottes Liebe ist verschwenderisch"), wenn sie abschließend benennt, "was die Pandemie dringend braucht: Keine Empörungsrhetorik, sondern die Bereitschaft, sich selbst und die eigenen Rituale zum Wohl einer Gemeinschaft zu verschwenden". - hhp

In dem Interview bedauert Simone Horstmann bei der klassischen Theologie die "strukturelle Ausblendung der Tiere ... zugunsten des Menschen". Die Heraushebung des Menschen aus der Mitwelt müsse jetzt mit ökologischen Kosten bezahlt werden. Daher trage die Unterscheidung Mensch-Tier nicht mehr, und die großen Differenzen müssten aufgebrochen werden. Erst dann könne man vom Beherrschen zum Verstehen der Tiere übergehen. Durch die Tiere könne man die Vorstellung der Pyramide mit dem Menschen an deren Spitze überwinden, so dass Tiere zu Freunden werden können. Auch einen Himmel ohne Tiere kann Horstmann sich nicht vorstellen: "Wenn Tiere am Ende nicht zählen, können wir aufhören, schöne Reden von der Schöpfung zu schwingen". - hhp

Der Philosoph Hans-Dieter Mutschler kritisiert Konzepte, welche die Unterscheidung von Mensch und Tier nivellieren. Durchaus will Mutschler aber den Tieren einen intrinsischen Wert zuschreiben, Wert also, der ihnen an sich zukommt und nicht erst durch unsere Interessen, wie dies Dieter Birnbacher unhaltbar versuche. Das bedeute aber nicht, die Sonderstellung des Menschen aufzulösen, wie dies u.a. "progressiv sich dünkende Theologen" tun. Dass wir vergessen hätten, Teil der Natur zu sein, sei plausibel aber falsch. Gut dialektisch seien wir zwar AUCH Teil der Natur, gleichzeitig aber sei unsere reflexive kulturelle Distanz zu ihr unsere STÄRKE (wenn wir sie denn wahrnehmen und nicht leben wie alle anderen Tiere auch). Auch den Würdebegriff univok auf Tiere zu übertragen (wie z. B. Kurt Remele, ähnlich Simone Horstmann, Thomas Ruster, Gregor Taxacher, Michael Rosenberger) lehnt Mutschler im Rückgriff auf Heike Baranzke ab. Dies habe "die übelsten Konsequenzen", was Mutschler mit amüsanten bis polemischen Beispielen veranschaulicht. Übrigens: Ausdrücklich nimmt Mutschler von solchen "modischen Kurzschlüssen" den Gründer des "Instituts für Theologische Zoologie" Rainer Hagencord aus. - hhp

Die studierte Veterinärmedizinin und jetzige Theologin hat sich das Verhältnis von menschlichem zu nicht-menschlichem Leben, speziell zu Tieren, zu einem Schwerpunkt gesetzt. Sie bedauert zutiefst die Arroganz des Menschen und sein ausbeuterisches Verhalten auf Kosten der ihn tragenden Umwelt. Die vielbeachtete päpstliche Enzyklika Laudato Si dränge zurecht auf einen alternativen Lebensstil, bleibe aber viel zu folgenlos. Was Corona uns lehren könnte, ist eine größere Demut. Speziell Tieren gebühre mehr Respekt, wobei ein Zusammenhang zwischen Speziesismus und Rassismus bestehe: Oft gehe die Abwertung von Tieren mit der Abwertung anderer Menschen einher. Auch eine theologische Wertschätzung sei neu einzufordern. Wenn man ernst nehme, dass Gott die gesamte Schöpfung erlösen will, seien auch die Tiere eingeschlossen. Tiere zu vermenschlichen werde ihnen allerdings nicht gerecht. - hhp

Humanoide Roboter sind faszinierend und erscheinen zugleich bedrohlich. Durch künstliche Intelligenz verschwimmen zusehends die Grenzen zwischen Mensch und Maschine – ein Szenario mit dem sich die Filmbranche schon seit längerem auseinandersetzt. Was passiert, wenn selbstlernende Algorithmen mit den Gefühlen der Menschen spielen und diese beeinflussen können? Kann ein Roboter emotionale, romantische Beziehungen eingehen? Damit wird nicht nur das christliche Menschenbild auf den Kopf gestellt, sondern auch die Frage evoziert, wie wir in Zukunft leben wollen. - lm

Die Coronakrise stellt nicht nur die Naturwissenschaften, die Biologie und die Medizin vor neue und große Herausforderungen, sondern auch die Theologie. Eine angemessene theologische Deutung der Pandemie, die weder zynisch noch überheblich wirkt, fällt schwer. In diesem Beitrag versucht der Fundamentaltheologe Magnus Striet eine vorsichtige Annäherung an die komplexe Situation. Mit einem Zitat von Bonhoeffer macht er darauf aufmerksam, was es bedeutet, vor Gott zu leben als ob es Gott nicht gebe. In dieser Ambivalenz werde deutlich, dass der Mensch alles in seiner Macht Stehende tun solle, um die Situation zu verbessern. Gleichzeitig werde er so vor die Grenzen seiner Möglichkeiten gestellt. Dieses Bewusstsein der Endlichkeit der menschlichen Potentiale könne in ein erneutes Gottvertrauen münden. - lm

Die Grenzen des Erkenn- und Messbaren verschiebt sich durch die Forschungen der Naturwissenschaften immer weiter nach hinten. Lassen die zunehmenden Entwicklungen auf diesem Gebiet noch Platz für einen Gottesglauben? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Theologe Hans Küng. Seine These: Gott ist kein „Lückenbüßer“, der dann ins Spiel kommt, wenn es darum geht, die Erkenntnislücken der Naturwissenschaften zu füllen. Sein Wirkbereich sei viel grundlegender, wenn man Gott als Unbedingtes, als Absolutes postuliere. Daher beantworte die Naturwissenschaft die Frage nach dem „Wie“ der Entstehung von Raum, Zeit und Universum, die Theologie dagegen beschäftige sich mit der Frage nach dem „Warum“ des gesamten Daseins. - lm

In einem Beitrag über Theologie und Wissenschaft ermahnt der Physiker Harald Lesch die KollegInnen seiner eigenen Zunft, stärker die Konsequenzen ihres Forschens und Handelns zu reflektieren. Er vermisse ethische Fragestellungen im naturwissenschaftlichen Bereich. Zudem sprach er sich dafür aus, dass die Theologie in der Öffentlichkeit stärker Stellung bezieht. - lm

 

Der katholischer Priester, Biologe und Gründer des Instituts für Theologische Zoologie, Rainer Hagencord, tritt für eine erhöhte Sensibilität gegenüber Fleischkonsum und Tierethik ein. Er beklagt, dass die heutige Theologie die Tiere weitgehend vergessen habe, obwohl sie in der Bibel eine wichtige Rolle spielten. Der Mensch-Tier-Dualismus, der seine Begründung in großen Teilen in der Aufklärung erfuhr, müsse zugunsten der Tiere überwunden werden. - lm