AM ANFANG WAR DAS WORT

QUANTENPHYSIK UND DIE FRAGE NACH GOTT

 

Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was geworden ist    – in ihm war das Leben…       Joh.1,1-4

„Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“    Mt. 24,35 

 

Manche glauben, dass gerade die moderne Naturwissenschaft in Form der Quantenphysik die Frage nach Gott wieder neu geöffnet hat.

 Werner Heisenberg sagt dazu: „Für die moderne Naturwissenschaft steht am Anfang nicht das materielle Ding, sondern die Form, die mathematische Symmetrie.“

Und da die mathematische Struktur letztendlich ein geistiger Inhalt ist, könnte man auch mit den Worten von Goethes Faust sagen: “Am Anfang war der Sinn“.

Die Welt in der wir ganz selbstverständlich leben ist viel geheimnisvoller als wir glauben, und über die Heisenberg schrieb: „Über den letzten Grund der Wirklichkeit kann nur in Gleichnissen gesprochen werden.“

Ich unternehme mit diesem Artikel den Versuch den Leser in dieses aufregende Gedankengut einzuführen, das unser ganzes naturwissenschaftliches Denken und folglich auch die Naturphilosophie, ja sogar die Theologie bestimmt hat. Es ist in seiner Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen.

  So schreibt der Quantenphysiker Bernard d'Espagnat:

Jeder, der sich eine Vorstellung von der Welt zu machen sucht - und von der Stellung des Menschen in der Welt -, muss die Errungenschaften und die Problematik der Quantentheorie einbeziehen. Mehr noch, er muss sie in den Mittelpunkt seines Fragens stellen."

 

DER VERLUST AN SEELE

 So weit wir kulturelle Überlieferungen haben, und die reichen sicher 20000 Jahre zurück, hat der denkende Mensch seine Wirklichkeit ontologisch & epistemologisch empfunden. Ontologisch, das waren die ihn umgebenden Fakten der durch die Sinne aufgenommenen Realität. Epistemologisch, das war sein untrügliches Empfinden, dass hinter den Fakten noch „Etwas“ sein muss, eine ‚Anderswelt‛, aus deren Potentialität alles hervorgegangen ist.1

Religiöser Glaube an Gott, oder Götter, verbunden mit Schöpfungsmythen, haben in allen alten Kulturen in solchem Denken ihren Ursprung. Der erste Satz der GENESIS und der vor 2000 Jahren vom Evangelisten Johannes niedergeschriebene und eingangs zitierte Prolog drücken das Sprachlich wunderbar treffend aus.

Der Mensch schuf sich ein Weltbild, das ihm Geborgenheit versprach. Die Erde im Zentrum des Universums, von GOTT bewacht und Satan in einer Unterwelt. Etwa so kann man die Texte der Bibel, die Veden der Hinduisten und auch den Koran interpretieren.

  Erst mit dem Aufbruch in die Moderne änderte sich das Denken grundsätzlich. Es gibt keine Wunder, nur Ursachen und Wirkungen. Die Berechenbarkeit einer Welt, in der GOTT nichts mehr zu sagen hat, drückt sich in den Skizzen und Konstruktionszeichnungen LEONARDOS aus, und zeitgleich rückte KOPERNIKUS die Erde an den Rand, und die Sonne ins Zentrum. Die Gesetze der Physik und nicht mehr die Erhebung der Seele zu GOTT prägen die Zeit der Renaissance. Der bekannte Psychoanalytiker C.G.JUNG drückte das mit den Worten aus: „Als  die Wissenschaft  die Beseeltheit der Natur aufhob, da gab sie ihr keine andere Seele, sondern setzte die menschliche Ratio über die Natur. Die Wissenschaft würdigte die Naturseele nicht einmal eines Blickes. Wäre sie sich der welterschütternden Neuheit ihres Vorgehens bewusst gewesen, so hätte sie einen Moment innehalten und sich die Frage vorlegen müssen, ob nicht größte Vorsicht bei dieser Operation, wo der Urzustand der Menschheit  aufgehoben wurde, angezeigt  wäre." 

Die epistemologische Seite des Weltbildes trat zu Gunsten der ontologischen mehr und mehr zurück. Dies war der Boden auf dem ISAAK NEWTON seine Triumphe feiern konnte. Alles schien auf einmal berechenbar zu sein, gipfelnd in den LAPLACE-Behauptungen:

 »Inmitten der unendlichen Vielfalt der Erscheinungen, die sich in ununterbro­chener Folge am Himmel und auf der Erde abspielen, sind wir zu der Erkenntnis gelangt, dass die Materie in allen ihren Bewegungen durch wenige allgemeine Gesetze bestimmt ist. Ihnen gehorcht alles in der Natur; alles folgt daraus mit derselben Notwendigkeit wie der Wechsel der Jahreszeiten, und der zufällige Flug eines vom Winde verwehten Atoms ist durch sie ebenso streng geregelt wie die Bahnen der Planeten« ,

  und:»Eine Intelligenz, welche für einen gegebenen Augenblick alle in der Natur wirkenden Kräfte sowie die gegenseitige Lage der sie zusammensetzenden Elemente kennt, und überdies umfassend genug wäre, um diese gegebenen Größen der Analysis zu unterwerfen, würde in derselben Formel die Bewegungen der größten Weltkörper wie des leichtesten Atoms umschließen; nichts würde ihr ungewiss sein und Zukunft wie Vergangenheit würden ihr offen vor Augen liegen. Der mensch­liche Geist bietet in der Vollendung, die er der Astronomie zu geben verstand, ein schwaches Ab­bild dieser Intelligenz dar. «

Auf die Frage NAPOLEONS: „Wo ist in diesem, Ihrem Weltbild GOTT?“  kam die berühmte Antwort: Majestät, auf diese Hypothese kann ich verzichten!“

 Das führt ganz offensichtlich direkt in den Atheismus. HEGEL, FEUERBACH, NIETZSCHE haben das Feld bereitet, auf dem LENIN seine Saat aufgehen lassen konnte. Totaler Determinismus beherrschte für 300 Jahre die Physik. Geblendet vom Erfolg versteifte sich der Mensch, seine ontologische Wirklichkeit als das Ganze anzusehen. Dass dabei unendlich viel verloren gegangen ist, wollte er nicht sehen. Das änderte sich schlagartig, als HEISENBERG 1927 seine berühmten Unbestimmtheits-Beziehungen formulierte, und damit dem totalen Determinismus im Weltgeschehen den Todesstoß versetzt hat. Zu den ersten, die die volle Bedeutung des Neuen begriffen haben, zählten die Denker der Sowjetunion. In ihrer Verzweiflung – anders kann man das wirklich nicht nennen – strichen sie das Wort Quantentheorie für einige Jahre aus ihrer großen Enzyklopädie. Das hat ihnen genau so wenig geholfen wie in der Antike den Pythagoreern, die die Entdeckung der irrationalen Zahlen auch zu verheimlichen versuchten.  

 

DIE GEBURT DER QUANTENTHEORIE

 1899 versuchte MAX PLANCK für die Strahlung des Schwarzen Körpers ein Gesetz zu formulieren, dass die Strahlungsintensität über die Frequenzen „richtig“, d.h. in Übereinstimmung mit den Messungen, wiedergibt. Das erwies sich unter Anwendung der bekannten (heute würde man „klassischen“ sagen) Strahlungsgesetze als nicht möglich. Planck entschloss sich zu einem wahrhaft revolutionärem Schritt, indem er postulierte, dass sich die Strahlung so verhält, als ob sie aus diskreten Energiequanten ∆ E bestünde, die der Strahlungsfrequenz ν proportional sind und die als Ganzes umgesetzt werden. Den Proportionalitätsfaktor nannte er h, sein berühmtes Wirkungs-Quantum.        →  ∆ E = h ν.     

    Im Dezember 1900 trug PLANCK sein Strahlungsgesetz in Berlin vor, was heute als die Geburtsstunde der Quantentheorie gilt (Nobelpreis 1918). Sein Wirkungsquantum h war eine neue Naturkonstante in der unanschaulichen Dimension der Wirkung (Joulesekunden, d.h. Energie×Zeit), die zu den schon bekannten Konstanten, der Lichtgeschwindigkeit c und der Gravitationskonstanten γ hinzukommt. PLANCK fand heraus, dass durch raffinierte Potenz-Kombinationen der Konstanten man zu einer Elementarlänge lPL, einer Elementarzeit tPL und einer Masse mPL gelangen kann.  PLANCK veröffentlichte die drei Größen in einer Fußnote. lPL & tPL waren so winzig ( 10-35m bzw. 10-43s), dass PLANCK sich keine physikalische Bedeutung derselben vorstellen konnte. Das sieht man heute ganz anders; lPL & tPL sind von fundamentaler Bedeutung, für die Raumzeit und für die Kosmologie.  

Was für PLANCK nur ein Rechenbehelf war, war für EINSTEIN eine neue Physik. EINSTEIN deutete die Energiequanten ∆ E als reale Teilchen, Lichtquanten, Photonen. Diese Hypothese trug PLANCK nicht mit, ja er spöttelte darüber. EINSTEIN hat sich durchgesetzt und erhielt dafür den Nobelpreis 1921.

 Das Licht präsentierte sich  sowohl als Welle (klassisch) als auch als Teilchen.

 Umgekehrt postulierte DE BROGLIE 1924 für Materieteilchen Welleneigenschaften mit der Wellenlänge     λ = h/(mv)  mit m = Teilchenmasse und v = Teilchengeschwindigkeit; d.h. mv = Impuls des Teilchens. Experimente gaben auch DE BROGLIE Recht (Nobelpreis 1929).

 Resümee: Licht & Materie präsentieren sich doppelt,  sowohl als Welle als auch als Teilchen.

Für diese neu entdeckte Doppeleigenschaft unserer Erscheinungen führte NIELS BOHR den Begriff der Komplementatriät ein. Zueinander komplementäre Eigenschaften sind  im Messprozess einander ausschließend (d.h. man kann gleichzeitig entweder die Wellen- oder die Teilcheneigenschaft, aber nie beide zusammen messen), aber gleichwohl notwendige und ergänzende Aspekte eines Ganzen.  .  Beim Betrachten einer Münze kann man nur KOPF oder ADLER sehen, aber beide Seiten sind zueinander komplementär und ergeben erst zusammen die Münze. Bohr vermutete, dass sein Komplementaritätsbegriff  auch andere Lebensbereiche durchzieht und nannte beispielsweise GERECHTIGKEIT ↔ ERBARMEN.

         Das komplexe Erscheinungsbild der Atom-Spektrallinien stellte Anfang des 20. Jhds. für die Physik ein nicht deutbares Problem dar.  Im sog. RUTHERFORDschen Atommodell umkreisen die negativ geladenen Elektronen den positiv geladenen Kern, wie Planeten die Sonne. Dabei hält sich die Zentrifugalkraft mit der elektrischen Anziehung genau die Waage. Da aber ein rotierender Dipol – und das Modell ist nichts anderes als ein solcher – nach den Gesetzen der MAXWELLschen Gleichungen Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung abstrahlt, müsste das Elektron diese Energie aus seiner Bahnenergie nehmen und folglich  in den Kern stürzen. Das tut es aber nicht, und es strahlt auch keine Energie ab. Warum?   Dafür hatte 1913 NIELS BOHR mit einem heuristischen Ansatz Erfolg. Wenn die Elektron-Kreisbahnlänge  ein ganzzahliges Vielfaches seiner Materie-Wellenlänge λ ist, dann strahlt es nicht. BOHR drückte es nur anders aus, da 1913  λ noch nicht formuliert war. Springt das Elektron in eine tiefere Bahn, so strahlt es die Differenzenergie  E2 – E1 = hν  mit der Frequenz ν ab. Das führt zu den Spektrallinien und zu den  Aufbauregeln des Periodischen Systems der Elemente. Obwohl noch Feinheiten zu klären waren, war der BOHR-Ansatz ein überwältigender Erfolg (Nobelpreis 1922). EINSTEIN zollte BOHR höchsten Respekt und Bewunderung.

  Die Phase der  sog. „alten Quantentheorie“ war damit abgeschlossen. Erkenntnistheoretisch blieb aber die Situation mangels jeder philosophischen Aufarbeitung der „willkürlichen“ Ansätze BOHRs völlig unbefriedigend.

 

QUANTENMECHANIK (QM) AB 1925

 Dass BOHR es mit Heuristik geschafft hat (PLANCKs Strahlungs-Ansatz von 1899 war ja auch  heuristisch), befriedigte letztlich nicht, obwohl die gewaltigen  Erfolge dieser „naiven" Atom­theorie unbestreitbar  zeigen, dass schon dieser neben dem großen Vorteil der Anschaulichkeit  ein beträchtlicher Wahrheitswert zukommt.  Man wollte die Phänomene besser verstehen. Außerdem blieben die o.g. Feinheiten ungelöst, und es kamen neue Beobachtungen hinzu, die der bisherigen Quantentheorie direkt widersprachen (z.B. beim Modell des Heliumatoms,   der Molekülspektren und der chemischen Bindung).

Seit etwa 1924 verstärkte sich deshalb bei den Physikern die Überzeugung, dass eine Behebung aller dieser Schwierigkeiten und Unvollständigkeiten nur durch eine grundsätzliche Neu­fassung der Atomtheorie möglich sei, die zwar in wesentlichen Ergebnissen mit denen der naiven Atomtheorie übereinstimmen müsste, andererseits aber doch sehr entscheidend von jeder auf der klassischen Physik aufbauenden Atomtheorie ab­weichen müsse. Man kann dies bei HEISENBERG  sehr schön nachlesen. 2

 Die Neuschöpfung der Atomtheorie wurde 1926 unabhängig und nahezu gleichzeitig von SCHRÖDINGER (auf Arbeiten von DE BROGLIE aufbauend) und in noch grundlegenderer Weise von HEISENBERG durchgeführt. Sie trägt den Namen Wellen- bzw. Quantenmechanik und geht nicht, wie die BOHRsche Theorie, von der klassischen Physik aus, sondern sucht von den empirischen Gegebenheiten der Atome, d.h. ihren diskreten Energiezuständen und Übergangs-Wahrscheinlichkeiten her zu einer das Atomgeschehen richtig beschrei­benden Theorie zu gelangen.

 Diese beiden unter­nommenen erfolgreichen Versuche, SCHRÖDINGERS Wellenmechanik und HEISENBERGS Quantenmecha­nik, waren, wie MAX BORN & SCHRÖDINGER  bald erkannten, trotz verschiedener Ausgangspunkte und mathematischer Formalismen im Grunde identisch und stellten einen entschei­denden Bruch mit der früher für selbstverständlich gehaltenen Auffassung dar, dass die atomaren Erscheinungen der Mikrophysik in gleicher Weise und mit gleichartigen Gesetzen anschaulich beschreibbar sein müssten wie die klassische Makrophysik  

 Ein Paradigmenwechsel im Weltbild deutete sich an. Sowohl  SCHRÖDINGER als auch  HEISENBERG ließen sich durch PLATON inspirieren. Zur Verdeutlichung seiner Ideenlehre bringt PLATON in der „Politeia“ sein berühmtes Höhlengleichnis: Man soll sich eine unterirdische Höhle vorstellen in der Menschen seit ihrer Kindheit an einem Platz gefesselt sitzen. Sie blicken immer nur auf die Wand vor ihnen. Hinter ihnen befindet sich eine Mauer, hinter der ein Feuer brennt, das die Höhle erhellt. Entlang dieser Mauer werden Gegenstände vorbeigetragen, deren Schatten an die Wand geworfen werden. Die Gefesselten können nur diese Schatten sehen und glauben, es handle sich um die wirkliche Welt. Wenn die Menschen hinter ihnen sprechen, denken die Gefesselten, die Schatten selbst würden sprechen. Erst wenn man die Menschen an die Sonne brächte, könnten sie zu wahrer Erkenntnis gelangen. Nach PLATON gleicht das menschliche Leben diesem Höhlengefängnis, wobei es sich bei den Schatten um die Dinge handelt, die wir mit unseren Sinnen erfassen. Diese entsprechen jedoch nicht der Wirklichkeit. Wenn die QM lehrt (wie noch behandelt werden wird), dass die Realität permanent aus der umfassenden geistigen Potentialität entspringt - so wie die Schatten den für die Gefesselten unsichtbaren Gegenständen entspringen - , es also ohne Potentialität keine Realität unserer Sinne gibt, dann kann man über PLATONS „verrückt“  klingendes, aber wegbereitendes Gedankengut nur staunen.  

Den nächsten wichtigen Baustein setzte HEISENBERG 1927 durch die Formulierung seiner Unschärferelationen nach der Ort(q) & Impuls(p), bzw Energie(E) & Zeit(t) nicht gleichzeitig genau bestimmt werden können. Das hat nichts mit Messungenauigkeit zu tun, sondern ist tief in der Komplementarität der QM verwurzelt. Ortsunsicherheit  ∆q × Impulsunsicherheit ∆p   Wirkungsquantum bzw. ∆E  × ∆t   h.  Sei z.B. der Ort eines Teilchens genau bekannt, so lässt sich zu diesem Zeitpunkt über den Impuls überhaupt keine Aussage machen, und umgekehrt. Das hat natürlich größte Konsequenzen: Aus der Gegenwart der Welt lassen sich weder Zukunft noch Vergangenheit herleiten. LAPLACE wäre darüber sehr enttäuscht!

 Die HEISENBERG-SCHRÖDINGERsche QM besaß zunächst noch drei Mängel. In ihr waren weder der Elektronenspin noch die Relativitätstheorie berücksichtigt, und sie befasste sich, drittens, nur mit der Materie und sagte nichts aus über deren Wechselwirkung mit dem Licht, d.h. dem elektromagnetischen Feld. Nachdem der erste Mangel bald von heisenberg, jordan und pauli behoben worden war, gelang die Erweiterung der Theorie zur vollständigen QM und Q- Elektrodynamik (mit Einarbeitung EINSTEINs  SRT),  wenig später (1928)  P.A.M. DIRAC.

Ab etwa 1928/32 haben die Mathematiker v. NEUMANN und WEYL (beide HILBERT-Schüler) durch Formulierung der Quantenwellen als „Zustände“ im  - dimensionalen  HILBERT-Raum die QM noch weiter mathematisiert. BOHR gefiel das gar nicht, aber die neue Formulierung setzte sich auf breiter Front durch.    Die Mathematik der QM ist leider sehr komplex und unanschaulich, und unsere ontologisch geprägte Sprache zwingt uns lt. HEISENBERG Bilder zu gebrauchen (QM-Sprachproblem).

Die QM ist nicht auf den Atomaren Bereich beschränkt, sondern sie ist die Basis für die ganze Physik. Makroskopische Effekte sind z.B. Supraleitung, Tunneleffekt, BOSE-EINSTEIN-Kondensat, Laser, und sie finden sich in der Festkörperphysik, dem Atomaufbau, der  Biologie und der Kosmologie.

 

DIE  QM-REALITÄT 3

 Die Physik der QM unterscheidet sich radikal von der Physik unserer Alltags-Erfahrung. In dieser existieren bekanntlich Teilchen (Körper, Gegenstände) mit ihren Eigenschaften, egal, ob man sie beobachtet oder nicht. Durch Beobachtungen (Messungen) werden diese Eigenschaften in beliebiger Genauigkeit aufgedeckt. Eine Beeinflussung des Messergebnisses durch den Beobachter ist unerwünscht, ja schädlich & verfälschend. Alles ist streng deterministisch. In der QM sind dagegen Beobachter und Objekt immer zusammen als Einheit zu sehen. Am sog. Doppelspaltversuch lässt sich die „verrückte“ Quantenwelt wohl am einfachsten demonstrieren.

Der Versuchsaufbau ist denkbar einfach. Eine  Quelle sendet atomar kleine Teilchen, z.B. Elektronen, Photonen, aus, die auf eine Wand mit zwei parallelen Schlitzen (A&B) fallen. Hinter der Wand ist in einem gewissen Abstand ein Schirm, bei dem jedes durch die Schlitze gedrungene Teilchen eine Schwärzung am Auftreffpunkt bewirkt.

Schließt man Schlitz A, so fliegen die Teilchen nur durch B, die am Schirm einen geschwärzten Strich BB hervorrufen (nicht scharf, sondern etwas verschmiert); schließt man B und öffnet A, so ergibt das auf dem Schirm einen verschmierten Strich AA. Öffnet man beide Schlitze, so erwartet man, klassisch gedacht, auf dem Schirm die Superposition (Summe) der Schwärzungen AA+BB. Das ist nicht der Fall. Man sieht stattdessen ein Streifenmuster von vielen Maxima und Minima der Intensität, so als ob an den Schlitzen zum Schirm hin Zylinderwellen starten, die am Schirm interferieren würden.  So ein Bild ist eigentlich nichts Neues. Man kennt es als typische Interferenz einer Wellenerscheinung. Maxima entstehen durch das Zusammentreffen zweier Wellenberge, Minima durch gegenseitige Auslöschung von zusammentreffenden Wellenbergen und -tälern. Erstaunlich ist aber, dass diese Wellen hier als Teilchen registriert werden, die scharfe Punkte erzeugen. Man steht damit vor folgender Situation: Einzelne Teilchen treten nacheinander durch einen Doppelspalt und erzeugen auf dem Schirm einzelne punktförmige Schwärzungen. In Summe führen die einzelnen Schwärzungen jedoch zu Interferenzmustern, wie sie sonst nur von Wellen bekannt sind. Welle oder Teilchen? Das ist hier die Frage.  Deshalb spricht man auch vom Dualismus von Welle und Teilchen.   

Die Quanten-Mathematik ordnet jedem Teilchen eine Wellenlänge (die o.g. DE BROGLIE Wellenlänge λ) zu: Je größer der Teilchenimpuls, desto kürzer die Wellenlänge. Ein Fußball im Spiel hat auch eine Wellenlänge, aber die ist so klein (≈1033 m), dass sie nicht beobachtbar ist. Deshalb treten bei makroskopischen Körpern unserer Alltags-Erfahrungs-Welt nur die Teilcheneigenschaften in Erscheinung.   

Einen noch viel verblüffenderen Aspekt des Doppelspalt-Experiments habe ich noch nicht erwähnt. Man kann das Experiment sogar so führen, dass immer nur ein einzelnes „Teilchen" unterwegs ist. Völlig von einander isolierte und unabhängige „Teilchen" erzeugen dennoch in der Häufigkeitsverteilung der Schwärzungen ein Interferenzmuster so, als kooperierten sie miteinander. Interferieren die „Teilchen" mit sich selbst? Wenn sie sind, als was sie registriert werden, nämlich als Teilchen, dann müssten sie einen Weg von der Quelle durch die Spalte bis zum Schirm durchlaufen. Kein wirkliches lokalisiertes Teilchen kann aber durch beide Spalte zugleich laufen. Will ich beobachten durch welchen Spalt die einzelnen Elektronen von der Quelle zum Schirm fliegen, und bringe eine „Lampe“ (Detektor, der das Teilchen im Flug sieht) an, so verschwindet augenblicklich das Interferenzmuster, und auf dem Schirm erscheint die klassisch erwartete Schwärzung der o.g. Superposition.  Nur wenn das Teilchen sein „Weggeheimnis“ bewahrt, hat es die Welleneigenschaft. „Die Vorstellung von Teilchen, die Bahnen durchlaufen, ist überhaupt falsch“ hat Heisenberg gesagt.  Es hat bis in die neuere Zeit viele Versuchsvarianten gegeben, die Natur zu überlisten, ihr das „Geheimnis“ zu entlocken: zwecklos! Das beschriebene Verhalten ist ganz tief  in der QM verwurzelt, eine Folge der Heisenbergschen Unschärferelation. Ort & Impuls eines Teilchens lassen sich, wie schon gesagt, nicht gleichzeitig genau bestimmen. Je genauer das Eine, desto ungenauer das Andere, oder Exaktheit des Einen (Schwärzungs-Punkt auf dem Schirm) →völlige Unkenntnis der Bahn, besser: Es gibt gar keine Bahn. Die Quantenmechanik geht in der Deutung noch weiter. Erst durch eine Messung (Schwärzungs-Punkt bzw. Teilchenspur im Detektor) ist das Teilchen real; vorher existiert nur eine Wellenfunktion, die nur die Aufenthalts-Wahrscheinlichkeit beschreibt. Mit einer Messung (Messergebnis → Information über das Objekt) kollabiert die Wellenfunktion, und das Teilchen wird als Teilchen real (man könnte sagen: es wird in unsere Welt hinein „geboren“). Das ist die auf den Dänen Niels Bohr zurückgehende „Kopenhagener Deutung“.

Eine Wellenfunktion muss nicht auf Einzelobjekte beschränkt sein, sie kann Paare, ganze Ensembles und auch Großobjekte umfassen. Alle Objekte, die eine gemeinsame Wellenfunktion besitzen sind miteinander „verschränkt“, wie man sagt. Dabei geht in die gemeinsame Wellenfunktion  nicht die Distanz der verschränkten Objekte ein. Das hat zur Folge, dass wenn bei einem miteinander verschränkten Paar A & B, z.B. Photonen, Photon A durch eine Messung „geboren“ wird, instant  Photon B auch „geboren“ wird. Zur Verdeutlichung: Instant bedeutet ohne jeden Zeitverzug, d.h. wenn Photon A und das mit ihm verschränkte Photon B zum Messzeitpunkt mehrere Kilometer voneinander Distanz haben,  ist es so, als ob die Wirkung mit unendlicher Geschwindigkeit von A nach B „übergesprungen“ ist. Übergesprungen ist sprachlich falsch, denn solange das Paar von einer Wellenfunktion beschrieben wird, ist es ein –ausgedehntes- Eins, das auch nur als Eins „geboren“ werden kann. Das bedeutet, dass in der QM die uns aller geläufige LOKALITÄT aufgegeben werden muss. Bei der Diskussion des EPR-Paradoxons komme ich darauf zurück.

Die QM ist nicht anders, sie ist „ganz anders“; sie ist die größte Revolution in der Physik. QM ist die am besten durch Experimente  bestätigte Theorie der Naturwissenschaft. Das gewohnte ontologische Weltbild wird um eine epistemologische Sichtweise erweitert.  Faktenwirklichkeit wird um Beziehungswirklichkeit ergänzt, d.h. durch eine Wirklichkeit, die sich durch Beteiligung an Kommunikation erschließt. In der QM sind alle Messungen kontextuell (Objekt, Messapparat, Beobachter, u. Umfeld ergeben erst zusammen einen „Zustand“).   

Klassische Theorien wie NEWTON, MAXWELL, sowie SRT & ART sind streng deterministisch aufgebaut und ohne Kontext (Objekt & Messapparat sind separat zu sehen).

In der QM ist Potentialität (die beschreibt alles was möglich ist) primär. Potentialität wird erst durch einen Messprozess faktifiziert, d.h. in die Realität gebracht.„UnsereRealität ist geronnene Potentialität“, so hat es H.P. DÜRR einprägsam ausgedrückt.

Die QM-Potentialität  ist nicht ein Sonderfall unserer Realität, sondern umgekehrt: Die uns umgebende faktische Realität folgt aus der viel umfassenderen Potentialität der QM.

Viele Menschen haben mit dem neuen Gedankengut der QM Probleme. Der Grund dafür ist, dass die QM uns abverlangt  die von uns allen tief verinnerlichte und in der Alltags-Erfahrung unentwegt bestätigte Ontologie der an sich seienden Realität zu revidieren. Zu diesen Skeptikern gehörte auch ALBERT EINSTEIN, der sich zum scharfsinnigsten Kritiker der QM wandelte.

Er ging in seiner Argumentation von drei sehr plausibel klingenden Annahmen aus, die nach seiner Meinung alle erfüllt sein müssen, damit die Welt dem „objektiven lokalen Realismus“ folgt:

  1. Die Eigenschaften physikalischer Objekte sind messbar und kommen ihnen unabhängig davon zu, ob sie tatsächlich beobachtet werden oder nicht (OBJEKTIVISMUS).
  2. Jedem Element der Realität muss in einer physikalischen Theorie ein Gegenstück entsprechen, wenn die Theorie vollständig sein soll  (REALISMUS).
  3. Objekte, die sich nicht gegenseitig beeinflussen können, haben voneinander unabhängige Eigenschaften (LOKALITÄT).

In einem berühmten Gedankenexperiment an Hand eines Zwei-Teilchen-Systems konnte 1935 EINSTEIN zusammen mit PODOLSKY und ROSEN zeigen, dass die QM nicht der klassischen Ontologie des „objektiven lokalen Realismus" entspricht. (EPR-Paradoxon). EINSTEIN hielt deshalb die QM für unvollständig und forderte, sie durch verborgene - noch zu findende -  Parameter zu ergänzen. Natürlich  müssten solche Parameter lokal sein, damit die Lokalität erhalten bleibt, denn an der Lokalität  hielten damals alle Physiker fest.  

   Das EPR-Paradoxon ist indes kein Paradoxon im Rahmen der QM, sondern nur eines gegenüber der Ontologie des „objektiven lokalen Realismus". Es gelang 1964 dem amerikanischen Physiker JOHN BELL, eine Ungleichung abzuleiten, der alle Theorien von Zwei-Teilchen-Systemen, die auf der Ontologie des „objektiven lokalen Realismus"  beruhen, genügen müssen. Die QM solcher Systeme aber verletzt diese Ungleichung, d.h. die QM ist keine Theorie des „objektiven lokalen Realismus“, und kann auch nicht durch verborgene Parameter „hingebogen“ werden.  Ab 1964 stellte sich daher die Grundfrage: Beschreibt die QM unsere ganze Wirklichkeit richtig, oder hat man nach anderen Alternativen zu suchen? Die Natur selbst musste befragt werden. Glücklicherweise machte die BELLsche Ungleichung  das EPR-Paradoxon einer experimentellen Prüfung zugänglich. Bis 1981 harrten die Physiker auf eine Antwort dieser brennenden Frage. Dann erst gelang dem Franzosen ALAIN ASPECT ein klärendes Zwei-Teilchen-Experiment, das in der Folgezeit mehrfach immer genauer und über immer größere Entfernungen der Teilchen wiederholt werden konnte. Die Messergebnisse dieser Experimente verletzen alle die Bellsche Ungleichung und bestätigen die QM. Die EINSTEINSCHE Lokalitätsannahme gilt in der QM nicht. „Spukhafte Fernwirkungen“, die EINSTEIN nicht für möglich hielt und sie nur als Artefakte der QM-Mathematik ansah, existieren in der QM wirklich. Da die QM die Basis für alles ist, ist unsere Welt im Grunde nicht lokal!

Damit war die Ontologie der an sich seienden Realität, die - da hat EINSTEIN recht - nur die Form des „objektiven lokalen Realismus" haben kann, im Popperschen Sinne falsifiziert worden. Man kann dieses Ergebnis zugespitzt so charakterisieren:3               Die QM ist nicht „realistisch", aber wahr.

Worin besteht nun die „ontologische Revolution“ der QM?   Wie stellt sich in ihr die Wirklichkeit dar?

In der QM hat die Wirklichkeit  eine Doppelstruktur, und zwar eine

                              Doppelstruktur aus Potentialität und  Realität,

wobei Potentialität die primäre und Realität die daraus abgeleitete sekundäre Wirklichkeit ist. Potentialität im Sinne der QT bzw. der QM ist mathematisch definiert und viel genauer bestimmt als der Begriff der Möglichkeit in unserer Sprache. Sie ist Gegenstand der (theoretischen) Physik und hat im Sinne des ontologischen Realismus kein Gegenstück in der feststellbaren Realität. Das zeigt sich schon daran, dass Potentialität nicht wie Realität durch reelle Zahlen beschrieben werden kann, sondern nur durch komplexe und dies in wesentlich komplizierterer Weise als die realen Dinge der klassischen Realität.  Man hat es mit unendlich dimensionalen HILBERT-Räumen zu tun. Für das Studium dieser Mathematik benötigt man in der Regel mehrere Jahre.

 Die Potentialität ist nicht materiell und trotzdem keine Fiktion. Sie ist wirklich, weil sie wirkt: Etwas aus dem Möglichkeitsspektrum wird faktisch. Dies geschieht in dem, was im quantenmechanischen Sprachgebrauch Messprozess genannt wird.. Fast immer aber erfolgt Faktifizierung von Potentialität unspezifisch durch „Dekohärenz". Gemeint ist so etwas wie „permanente Messung", d.h. die regellose Wechselwirkung eines Objekts mit Partikeln seiner Umgebung, die die Quantenkorrelationen dieses Objekts mit anderen Objekten zerstören und so das betreffende Objekt erst herauslösen aus dem universellen Zusammenhang und unterscheidbar machen von dem, was es nicht ist.  Eigentlich und „ursprünglich" ist nämlich die Potentialität der Wirklichkeit allumfassend, d.h. alles ist mit allem korreliert -„verschränkt" - wie man auch sagt. Dass überhaupt unterscheidbare Objekte -„Dinge" - in Erscheinung treten ist die Folge von Dekohärenz. Dies rührt an die alte Leibnizsche Frage:

 „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?".

Von besonderer Bedeutung ist das faszinierende Phänomen der räumlichen und zeitlichen Nichtlokalität der Wirklichkeit, wie es die QM zum Vorschein bringt. Nichtlokal ist dabei die Potentialität, während die Realität zeitlich und räumlich lokal bleibt. Quantenkorrelationen verschränkter Zustände zusammengesetzter Quantensysteme bleiben nämlich unabhängig vom räumlichen und zeitlichen Abstand der Teilsysteme erhalten – selbst über Lichtjahre hinweg -, wenn sie nicht durch Dekohärenz zerstört werden.

Anders ausgedrückt: Die allumfassende Potentialität als geistiger Part unserer Wirklichkeit „gebiert“ durch Dekohärenz  das Materielle. Materie ist „geronnener“ Geist, würde DÜRR sagen. Dekohärenz wechselt sich ab mit Re-Kohärenz (Rückfall der Realität in Potentialität). Das geschieht offenbar mit unvorstellbarer Geschwindigkeit. Für Alltagsgegenstände (z.B. eine Bowlingkugel in Luft) liegen Dekohärenzzeiten bei 10-20 Sekunden. Zum Vergleich: In einem Film hat man eine Bilderfolge von 50 pro Sekunde, in der QM unter Normalbedingungen eine „Bilderfolge“ von 10 20 (Eine Zahl mit 20 Nullen). Das hier Gesagte wirkt auf Laien unglaublich;  aber allen Versuchen zum Trotz ist es bis heute (2010) nicht gelungen die QM zu falsifizieren.4,5 Die viel gehörte Meinung: „Die QM ist nur etwas fürs Kleine“ (Elementarteilchen), ist falsch. Die QM ist, wie schon eingangs erwähnt, die Basis der Physik, der Urgrund sozusagen. Ständig kommen Meldungen, dass man Q-mechanische Zustände an immer größeren Objekten nachweisen konnte (inzwischen an Objekten aus tausenden Atomen bestehend). Dekohärenz wird z .Zt. intensiv erforscht. Bei zukünftigen Quanten-Computern muss sie unterdrückt werden, da nur kohärente Atomgruppen die gewünschten Eigenschaften haben.

 

Was ist überhaupt Materie? Wir entstammen offenbar total dem Geistigen und kehren wieder in dieses zurück  Diese Erkenntnis hat zweifellos auch theologische Aspekte. Die Ur-Religionen hatten solches Wissen von Anbeginn an.1   Bezog etwa PLATON seine Inspiration aus uralten Quellen?

 

EIN KOSMISCHES BEWUSSTSEIN ?6

 Zu welchen Konsequenzen, bzw. Gedanken das bisher Gesagte führen kann, mag man aus den Worten von Professor Dr. LOTHAR SCHÄFER (Universität von Arkansas) schließen, die er in einer Akademietagung 2005 in Bonn gesagt hat:

 »Die Untrennbarkeit der Wirklichkeit hat sich in Experimenten offenbart, in denen Elementarteilchen ohne Verzögerung, instantan, über beliebig weite Entfernungen auf einander einwirken. In Experimenten zum Bell´schem Theorem hat sich erwiesen, dass zwei Teilchen, die irgendwann miteinander wechselwirken [sich verschränken] und sich dann voneinander wegbewegen, miteinander verbunden bleiben können und sich wie ein einziges Ding verhalten, ganz gleich wie weit sie von einander entfernt sind.

Wenn die Wirklichkeit nicht-lokal ist, dann ist die Natur des Universums  die einer unteilbaren Ganzheit. Aus diesem Phänomen haben Kafatos und Nadeau einen bemerkenswerten Schluss gezogen: Weil unser Bewusstsein aus der Ganzheit hervorgegangen und ein Teil von ihr ist, ist es möglich zu folgern, dass im Kosmos Elemente eines Bewusstseins aktiv sind. Ein Kosmisches Bewusstsein?

In Interferenzversuchen mit Masseteilchen kann Information als Wirkursache auftreten: Welcher-Weg-Information zerstört die Fähigkeit zu interferieren, Quantenobjekte können auf den Fluss von Informationen reagieren, wenn sich das, was man über sie wissen kann, ändert. Das einzige andere Ding, das wir kennen, das so auf Informationen reagieren kann, ist ein bewusster Geist. In diesem Sinn kann man sagen, dass wir am Grunde der gewöhnlichen Dinge Wesenheiten mit geistesähnlichen Eigenschaften finden.

Viele Pioniere der Physik des 20. Jahrhunderts haben die Bedeutung solcher Phänomene betont. John Wheeler: "Information sitzt im Kern der Physik, wie sie im Kern eines Computers sitzt." Arthur Stanley Eddington: „Das Universum hat die Natur eines Gedankens oder einer Empfindung in einem Kosmischen Geist.“ James Jeans: "Geist ist nicht länger ein zufälliger Eindringling im Reich der Materie, sondern wir beginnen zu ahnen, dass wir ihn als Schöpfer und Herrscher des Reichs der Materie anerkennen müssen."

Anzeichen von Geist tauchen in vielen Phänomenen auf:

• Die nicht-materiellen Wahrscheinlichkeitswellen stehen der Natur von Gedanken näher als der von Dingen.
• Die beschränkte Kapazität von Elektronenzuständen, Elektronen aufzunehmen, beruht auf der Symmetrie der Wellenfunktionen, einer geistigen Eigenschaft von Zahlenlisten.

• In Quantensprüngen reagieren Quantenobjekte spontan. Ein bewusster Geist ist das einzige Ding, das wir kennen, das sich so verhalten kann.

Eddington: Spontaneität in der Physik ist Abwesenheit von Kausalität.

 "Wenn die Kausalität kein Naturprinzip ist, dann gibt es keine klare Unterscheidung mehr zwischen dem Natürlichen und dem Übernatürlichen."

Auf diese Weise ist auf der Ebene der Quantenwirklichkeit die Demarkationslinie verwischt zwischen dem Natürlichen und dem Übernatürlichen, zwischen dem Physischen und Metaphysischen, zwischen dem Geistigen und Materiellen.

Der Eindruck ist unvermeidlich, dass die Quantenwirklichkeit die Eigenschaften einer Transzendenten Wirklichkeit offenbart hat. Auf der Ebene der Elementarteilchen werden ideenähnliche Zustände masseähnlich. Das Wort ist Fleisch geworden. Was immer König Midas berührte, wurde zu Gold. Was wir berühren, verwandelt sich in Materie. Die Botschaft der Physik des 20. Jahrhunderts ist die, dass die erfahrbare Wirklichkeit an ihren Grenzen nicht im Nichts vergeht, sondern in Metaphysisches übergeht. Physikalische Wirklichkeit grenzt an Metaphysische Wirklichkeit.

Genauso wie leblose Atome Lebewesen bilden, geistlose Moleküle intelligente Gehirne, so bilden metaphysische Wesenheiten die physikalische Wirklichkeit….

Die Physik des 20. Jahrhunderts hat gezeigt, dass die Wirklichkeit anders ist, als wir immer dachten. Die Physikalische Wirklichkeit ist nicht so, wie sie aussieht, und man kann jetzt sinnvoll vorschlagen:

 1. Die Grundlage der Materiellen Welt ist nicht materiell.

 2. Die Natur der Wirklichkeit ist die einer untrennbaren Ganzheit.

 3. Quantenobjekte haben in rudimentärer Form Eigenschaften eines Bewusstseins.

 Immer mehr Anzeichen deuten nun darauf hin, dass die Grundlage der Wirklichkeit nicht eine große Masse, sondern ein allumfassendes Bewusstsein ist. «

 

STRAHLENDE AUGEN4

 Schenke einem Kind etwas, was es sich schon lange sehnlichst gewünscht hat, und Du wirst mit strahlenden Kinderaugen beglückt, an die Du noch Jahre danach denken wirst.

Schaue in gelangweilte Augen, und Du hast sie sofort vergessen.

Ontologisch sind beide Vorgänge identisch. Geometrische Optik, Brechung, Reflexion usw. Die Ontologie vermag den Unterschied nicht zu bringen.

Zwischen den Potentialitäten beider Vorgänge liegen aber Welten. Es ist die epistemologische Seite unserer Wirklichkeit, die den Unterschied enthält, und erst durch den Formalismus der QM beschrieben werden kann.

Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie beschränkt unsere ontologischen Naturgesetze sind.

Der ev. historisch-kritische   Theologe ERNST TROELTSCH (1865-1923) schließt die Existenz „übernatürlicher“ Ereignisse kategorisch aus, da sie den Naturgesetzen widersprechen. Eine Auferstehung Christi hat sich demnach nicht ereignet. Diese Ansicht ist im Lichte der QM nicht mehr aufrechtzuerhalten, da die Potentialität alle Möglichkeiten eines Geschehens offen hält, die auch durch die QM erfasst werden können. Mit anderen Worten:  Bisher unerklärliche Phänomene, die nur durch Göttliche Wunder "verstanden" wurden, können heute als Gottes Handeln im Rahmen der von IHM geschaffenen Naturgesetze angesehen werden.   TROELTSCH hat nur die ontologischen Naturgesetze herangezogen, er konnte zu seiner Zeit gar keine anderen kennen.

 Im Atheismus hieß es: „Wer sich mit Religiosität befasst läuft Gefahr, geistig krank zu werden“.   Jetzt sage ich: „Beschränkt sind die, die die Ontologie für das Ganze halten“.

 

DER KREIS SCHLIESST SICH

Die Rückkehr der Seele

 Kehren wir zum Anfang zurück, und lesen noch einmal den Johannes-Prolog:

 Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Dasselbe war im Anfang bei Gott.

Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was geworden ist – in ihm war das Leben.

  Im griechischen Urtext steht das Wort ,Logos’ , das mit ,Wort’ übersetzt ist, aber mehr als das bedeutet, nämlich auch ,Vernunft’ und ,Sinn’. Es ist überwältigend wie zutreffend sich die einleitenden Worte des Evangelisten in modernste Erkenntnisse unseres Weltbildes fügen.

Auch der biblische Schöpfungsbericht sagt: „Am Anfang schuf GOTT Himmel und Erde…“         und drückt damit aus, dass unsere Realität  durch das Geistige geschaffen worden ist. Genau so sieht es die QM heute auch, wenn sie formuliert:3 » Die Potentialität ist nicht materiell und trotzdem keine Fiktion. Sie ist  wirklich, weil sie wirkt: Etwas aus dem Möglichkeitsspektrum wird faktisch. Dies geschieht durch die Dinge, die im quantenmechanischen Sprachgebrauch Messprozess und Dekohärenz  genannt  werden. Primäre Potentialität als Ursache wird zu  sekundärer Realität als Folge. «

 Einleitend habe ich einen Verlust an Seele beklagt, der während der „Aufklärung“ durch die Menschen gegangen ist und über LAPLACE im Atheismus mündete. Die QM hat dieser Entwicklung auf wissenschaftlicher Basis ein Ende bereitet. Die Menschen haben jetzt einen festen Grund sich zurück zu besinnen, und können in ihrem Weltbild wieder „an Seele gewinnen“. 

Bemerkenswert ist auch das JESU-Wort: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“  [Mt 24,35].  Damit ist klar ausgesagt, dass das Geistige als allumfassender Urgrund auch überdauern wird, wenn das Faktische aufhört zu sein. Das Geistige hat offenbar die Potentialität Leben und Kultur zu bewahren und auch neu hervorzubringen. Hier berühren sich Theologie und Naturwissenschaft und können sich fruchtbar ergänzen. Der Glaube an GOTT bleibt aber immer eine persönliche Angelegenheit. Wenn HAWKING in seinem neuen Buch7 schreibt, dass er auf Grund seiner Erkenntnisse keine zwingende Notwendigkeit sieht, die Existenz eines Schöpfers anzunehmen, so muss man das als seine Ansicht gelten lassen; aber jeder von uns ist frei, ganz andere Meinungen zu haben. Die Leser sollten von dieser Freiheit auch Gebrauch machen, ohne sich vom großen Namen HAWKING blenden zu lassen!

 Mir dagegen sprechen die Worte von JOHN C. POLKINGHORNE (bedeutender Quantenphysiker und Anglikanischer Geistlicher) voll aus dem Herzen :

"An Gott im Zeitalter der Naturwissenschaften zu glauben bedeutet die Gewissheit zu haben, dass hinter der Geschichte des Universums ein Gedanke und eine Absicht stehen, und dass der EINE, dessen verborgene Gegenwart sich darin ausdrückt, unser Anbetung wert  und der Grund unserer Hoffnung ist"8

Ich kann berichten, dass die erneute Beschäftigung mit der QM mir große Freude bereitet hat, nicht zuletzt weil das Thema so ergiebig war und Potential für eine innere Zufriedenheit besitzt.

 

Dr. Georg Linke, Aachen, im Oktober 2010

 

Gebrauchte Abkürzungen : ART & SRT  Allgemeine und spezielle Relativitätstheorie EINSTEINs

QM & QT  Quantenmechanik & Quantentheorie; 

 

 Quellen außerhalb der eigenen Studienunterlagen:

 

1Ina Mahlstedt: „Rätselhafte Religionen der Vorzeit“, Verl. THEISS 2010,          ISBN 978-3-8062-2304-0,

 und persönliche Gespräche mit Yakutischen Schamanen, die die Ansicht vertraten, dass sich Spuren  ihrer Religiosität sogar bis zu 30.000 Jahre zurückverfolgen lassen.

2Prof. Dr. Werner Heisenberg:  Der Teil und das Ganze                                        R. PIPER & Co.  Verlag München 1969

3Dr. Hans-Jürgen Fischbeck 2005: Die Wahrheit und das Leben                          ISBN  3-8316-0482-7

4Prof. Dr. Shimon Malin 2003: Dr. Bertlmanns Socken.

Wie die Quantenphysik unser Weltbild verändert                                           ISBN 978-3-499-62058-4

5Prof. Dr. E. Joos et al.: "Decoherence and the Appearance of a Classical World in Quantum Theory".  Berlin:. Springer 2003   ISBN 3-540-00390-8  

6Prof. Dr. Lothar Schäfer 2004:     Versteckte Wirklichkeit                                 ISBN  978-3-7776-1308-6

7Prof. Dr. Stephen Hawking & Prof. Dr. Leonard Mlodinow 2010:                     DER GROSSE ENTWURF   Eine neue Erklärung des  Universums               ISBN 978-3-498-02991-3

 8www.theologie-naturwissenschaft.de/Polkinghorne/Kerngedanken.html

 

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben