WUNDER

Gott wirkt im Rahmen seiner Naturgesetze, immer !

 

Was sind Wunder?

 

Der BROCKHAUS 2008 schreibt: Religion: außergewöhnliches, den Naturgesetzen oder aller Erfahrung widersprechendes und deshalb der unmittelbaren Einwirkung Gottes, der Götter oder übernatürlichen Kräften zugeschriebenes Geschehen, Ereignis; in den großen monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) als  »Zeichen« der alles umfassenden Macht Gottes gedeutet; im N.T. immer im Zusammenhang mit der Verkündigung Jesu stehend.

 

Damit spiegelt das Lexikon die noch immer gängige Meinung der Menschen wider, so wie es das materialistische Weltbild suggeriert. Ich möchte hier versuchen zu zeigen, dass durch die quanten-mechanische Erweiterung der Naturgesetze, diesen widersprechende Geschehnisse es gar nicht gibt. 

 

Historischer Rückblick

Früher, -vorneuzeitlich- waren Wunder ganz normal, denn fast alles war nicht erklärbar. Aus allen Kulturkreisen wird davon berichtet. Magie, Paraphänomene, Hellsehen gehören genauso dazu, wie die vielen Bibel-Wunder (Durchgang Israels durch das Rote Meer, die Pharao-Strafen, der Einsturz der Jericho-Mauern, Moses, Elias und Jesus taten „ganz selbstverständlich“ Wunder). Als Urheber galten GOTT oder  -für die bösen Mächte- SATAN. 

  Als der Mensch zu ahnen begann, dass es so etwas wie Naturgesetze gibt und sich eine Naturwissenschaft zu etablieren begann, formulierte der jüdische Philosoph MAIMONIDES vor 800 Jahren den bemerkenswerten Satz: „Widersprechen Bibelstellen Wissenschaftlichen Erkenntnissen, so sind sie[die Bibelstellen] allegorisch zu deuten.“  Und noch 350 Jahre eher hat der Ire JOHANNES SCOTUS ERIUGENA formuliert: „Im Falle eines Widerspruchs zwischen der Autorität und der Vernunft hat die Vernunft den Vorrang.“  Hier zeigt sich erstmalig der über die folgenden Jahrhunderte bis heute schwelende Konflikt zwischen Naturwissenschaft und Theologie.

Mit dem Aufbruch in die Moderne änderte sich das Denken grundlegend.   Es gibt keine Wunder, nur Ursachen und Wirkungen. Die Berechenbarkeit einer Welt, in der GOTT nichts mehr zu sagen hat, drückt sich in den Skizzen und Konstruktionszeichnungen LEONARDOS aus, und zeitgleich rückte KOPERNIKUS die Erde an den Rand, und die Sonne ins Zentrum. Die Gesetze der Physik und nicht mehr die Erhebung der Seele zu GOTT prägen die Zeit der Renaissance. Die epistemologische Seite des Weltbildes trat zu Gunsten der ontologischen mehr und mehr zurück. Dies war der Boden auf dem ISAAK NEWTON seine Triumphe feiern konnte. Alles schien auf einmal berechenbar zu sein, gipfelnd in der LAPLACE-Behauptung:  »Inmitten der unendlichen Vielfalt der Erscheinungen, die sich in ununterbro­chener Folge am Himmel und auf der Erde abspielen, sind wir zu der Erkenntnis gelangt, dass die Materie in allen ihren Bewegungen durch wenige allgemeine Gesetze bestimmt ist. Ihnen gehorcht alles in der Natur; alles folgt daraus mit derselben Notwendigkeit wie der Wechsel der Jahreszeiten, und der zufällige Flug eines vom Winde verwehten Atoms ist durch sie ebenso streng geregelt wie die Bahnen der Planeten«.  Auf die Frage NAPOLEONS: „Wo ist in diesem, Ihrem Weltbild GOTT?“  kam die berühmte Antwort: „Majestät, auf diese Hypothese kann ich verzichten!“

Dass dieses materialistische Weltbild Unbehagen hinterlässt, drückte der bekannte Psychoanalytiker C.G.JUNG  mit den Worten aus: „Als  die Wissenschaft  die Beseeltheit der Natur aufhob, da gab sie ihr keine andere Seele, sondern setzte die menschliche Ratio über die Natur. Die Wissenschaft würdigte die Naturseele nicht einmal eines Blickes. Wäre sie sich der welterschütternden Neuheit ihres Vorgehens bewusst gewesen, so hätte sie einen Moment innehalten und sich die Frage vorlegen müssen, ob nicht größte Vorsicht bei dieser Operation, wo der Urzustand der Menschheit  aufgehoben wurde, angezeigt  wäre."   [Ges. Werke 18Bd. Das symbolische Leben, Ziff. 1368]

 

Wundererlebnisse heute

 

Auch  heute gibt es „Wunder“. „Ging das mit rechten Dingen zu?“, wird gefragt, wenn unerklärliches passiert, oder davon berichtet wird.  Ich nahm kürzlich an einer Tagung an der Ev. Akademie in Bad Godesberg über solche Fragen teil. Dort referierte Prof. Dr. DIETER VAITL  aus der Arbeit des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psyhohygenie e.V. Freiburg, allgem. als BENDER-Institut bekannt. Dieses Institut ist mit seinen 60 Mitarbeitern Welt-führend , sammelt und katalogisiert seit 40 Jahren Anomalien und Paraphänomene systematisch. Zu über 90% erweisen sich die Erzählungen als frei erfunden oder normal erklärbar, wenn intensiv nachgeforscht wird. Beispielsweise wimmelte es vor paar Jahren von UFO-Sichtungen, bis sich herausstellte, dass es Party-Heißluftballons aus einem Drogeriemarkt waren (inzwischen verboten, wegen der Brandgefahr). Die berühmt gewordenen Greifswalder UFO-Sichtungen 1990 über der Ostsee waren verbotenerweise abgefeuerte Flugkörper aus NVA-Beständen (dieser Nachweis erwies sich als außerordentlich schwierig). Trotzdem bleibt ein völlig rätselhafter Rest. Das Institut hat eine `Task-Force´ gebildet, die auftauchenden Berichten sofort nachgeht, die Glaubwürdigkeit prüft, aufzeichnet und für spätere Untersuchungen einordnet. So ist ein Fall dokumentiert in dem eine einfache Bäuerin THERESE NEUMANN aus dem Dorf Konnersreuth in Bayern in Trance wiederholt unverständlich gesprochen hat.  Sprachanalysen ergaben zur allgemeinem Verblüffung, dass es sich um  längst ausgestorbenes Altaramäisch –der Sprache Jesu- gehandelt hat. Die Bäuerin besaß keinerlei entsprechende Bildung und ist nie weit gereist. Dieser Vorfall lässt sich nicht wegdiskutieren und widersetzt sich allen Deutungs-Versuchen.

 Der bereits erwähnte Psychoanalytiker C.G.JUNG  berichtete über einen plötzlichen heftigen Schmerz in seinem Hinterkopf. Wie sich herausstellte hat sich im Schmerzaugenblick einer seiner Patienten in den Hinterkopf geschossen.

 In einer Rundfunksendung über Traumforschung ist von einer Frau berichtet worden, die im Traum  ihren Freund eine schwere Kiste bergauf tragen sah, der im Aufweck-Augenblick gesagt hat: „Hoffentlich kriege ich diese Kiste noch über den Berg.“   Der Freund befand sich am anderen Ende der Welt (Australien/Neuseeland), dort war es Tag und er saß in einem Segelflugzeug, hatte bei zu wenig Aufwind einen Berg vor sich, und sprach zu sich selbst: „Hoffentlich kriege ich diese Kiste noch über den Berg.“  Es war, wie die Nachforschungen ergeben haben, exakt der gleiche Augenblick. Interessant ist, dass nur die Sprachinformation synchron „übertragen“ worden ist. Das Hirn der Frau schuf sich eine eigene Bilddeutung dazu.

Der berühmte hinduistische indische Yogi PARAMAHANSA YOGANANDA schreibt in seiner Autobiographie über die o.g. THERESE NEUMANN (1898-1962) von Konnersreuth, die er während einer ihrer Trance-Zustände im Sommer 1935 besucht hat. Sofort gelang es ihm mit ihr geistigen Kontakt aufzunehmen, worauf er ihre Visionen über den Leidensweg Christi auch sah und miterlebte. So etwas ist, wie er schreibt, unter echten Mystikern ein normales Phänomen. Damit war es ihm klar, dass THERESE nicht simuliert und ernst genommen werden muss. Es ist überliefert, dass die röm. kath. Kirche lange gezögert hat, THERESE von Konnersreuth anzuerkennen.  Die Kirche hat 2005 ihr Seligsprechungsverfahren eroffnet. 

Aus meiner eigenen Familie möchte ich hier ein Erlebnis meines Vaters wiedergeben:

Es ist  mein Geburtsjahr 1937, Spätsommer, in Kędzierak, einem Dorf bei Minsk-Mazowiecki, östlich von Warschau gelegen.  Meine Mutter erkrankte auf Leben und Tod, sie hatte Brustentzündung   (Rettung kam durch eine Bäuerin, die bestimmte Blattumschläge empfahl).

Auf einem Feldweg sprach eine junge Roma/Sinti (ca. 16 J.) meinen Vater mit seinem Vornamen an: „Sie heißen Karl”   „Was willst Du?”   „Ich möchte Ihnen die Zukunft sagen.”   „Gehe weg!” Mein Vater hielt überhaupt nichts von derartigem.

„Bitte schicken Sie mich nicht weg, ich bin sehr gut! Ihre Frau ist krank.” Niemand wusste von der Krankheit, die Bäuerin trat erst später in Erscheinung. Mein Vater war verblüfft. „Ja, das stimmt; wenn Du wirklich so gut bist, wie Du sagst, dann sage mir jetzt was meine Frau hat.”  Darauf war das Mädchen nicht gefasst. Vor den Augen meines Vaters versank sie in Trance für eine Weile. Als sie zu sich kam, klopfte sie mit den Händen ihren Körper ab und stammelte: „Es ist etwas Äußerliches, Arm?,  Schulter?”  „Es ist die Brust, Du bist wirklich gut.  Was hast Du zu mir über meine Zukunft zu sagen?” 

„Sie werden hier nicht bleiben, Sie ziehen weg.”  „Ich denke gar nicht daran, wo soll ich denn hinziehen?”   „Nach Westen!”   „Nein!”   „Doch Sie werden!”

1937 lebten meine Eltern in sehr gesicherten Verhältnissen, es war Friedenszeit, mein Vater war Buch- und Wirtschafts-Prüfer mit festem Kundenkreis der Güter. Er hatte dort quasi ein Monopol, es ging uns sehr gut. Wegziehen war jenseits unserer Vorstellungskraft.

Das Mädchen fügte noch hinzu: „Dort wo Sie hinziehen, werden Sie nicht bleiben, sondern weiterziehen nach Westen, und Sie werden noch mehrmals weiterziehen, immer nach Westen. Es wird Ihnen immer besser gehen.”  Mein Vater gab ihr das Geld, und war überzeugt, die spinnt total, und vergaß die Sache.

So ging es mit meinem Vater bzw. mit uns tatsächlich weiter:

1940 Zwangsumsiedlung nach Jarotschin (Posen) durch die Nazis, Dienst im Wehrmeldeamt,

1945 Flucht nach Spremberg (Lausitz), zwei Wochen Abwarten,

1945 Flucht-Fortsetzung nach Seesen (Harz), bis 1948 Dienst bei den Briten, dann arbeitslos,

1951 Umsiedlung nach Aachen, mein Vater bekam Handlanger-Arbeit, innerlich gebrochen.

Es ging uns immer schlechter.

Da erinnerte sich mein Vater an das Mädchen, und hat mir die Geschichte erzählt, und noch wiederholt in der Familie. Mein Vater konnte nicht lügen; die Geschichte ist wahr; deshalb habe ich sie hier aufgeschrieben. Das Mädchen wusste genau, dass es mit uns bergab gehen wird und hat zum Schluss gelogen, um meinen Vater nicht noch mehr aufzuregen und möglicherweise kein Geld zu bekommen.

 So sah es mein Vater, und ich denke, da hatte er Recht. Die junge Seherin war wirklich sehr gut.

 

 Diese Geschichten fallen nicht in den Bereich der uns geläufigen ontologischen Naturgesetze, sie sind Teil einer geistigen, epistemologischen Wirklichkeit  außerhalb von Zeit & Raum. Das sage ich als Physiker.

Es sei ergänzend noch bemerkt, dass viele außergewöhnlich erscheinende Phänomene bei Beobachtung in großer Zahl sich normalisieren, also sich den zufälligen Erwartungswerten nähern. Aber nicht immer. Prof. VAITL nannte bei der Tagung Ergebnisse aus tausenden, über Jahrzehnte währenden Telepatie-Experimenten seines Instituts, die klare Effekte zeigen, signifikant von Zufallswerten abweichen und somit kausal nicht erklärbar sind!

 

Ein eigenes Gebiet sind die zwar schon immer vorhandenen Nahtod-Erfahrungen der Menschen, aber erst in den letzten Jahren wächst die Literatur darüber stark an. Obwohl es thematisch passt, möchte ich auf dieses Spezialgebiet hier nicht näher eingehen.

 

Als Fazit des Bisherigen möchte ich zusammenfassen, dass es in der Kulturgeschichte des Menschen immer Phänomene gab und gibt, die er sich nicht erklären konnte.  Während das früher als „völlig normal“ angesehen wurde, hat mit dem Aufkommen des berechenbaren materialistischen Weltbildes die menschliche Ratio Oberhand gewonnen und den Gesetzen Widersprechendes als Täuschung oder Lüge hingestellt. Nur im Bereich der Religion billigte man dem allmächtigen Gott (ggf. auch Satan) Wundertaten zu. (s. das Lexikon-Zitat eingangs)

 

In den späten 20-ger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann der Mensch zu lernen, dass die Naturgesetze viel umfassender sind und auch in den geistigen (epistemologischen) Teil unserer Wirklichkeit in berechenbarer Form eindringen. Der damit einsetzende Paradigmenwechsel im Denken ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir müssen anders denken lernen, das ist eine echte Herausforderung, denn unsere Sprache versagt.  „Über den letzten Grund der Wirklichkeit kann nur in Gleichnissen gesprochen werden“, so hat es WERNER HEISENBERG ausgedrückt.  Ich möchte versuchen, den Leser in dieses Neue einzuführen.

 

Die Falsifizierung unserer objektiven, lokalen Realität als Repräsentant für Alles

 

ALBERT EINSTEIN stand Zeit seines Lebens fest im objektiven, lokalen Realismus verankert. (Wie praktisch alle seiner damaligen Fachkollegen auch). Scharfsinnig erkannte er, dass mit der neuen Quantenmechanik etwas mathematisch nicht stimmen konnte. Zusammen mit PODOLSKI und ROSEN veröffentlichte er 1935 das berühmte EPR-Paradoxon.   Er ging in seiner Argumentation von drei sehr plausibel klingenden Annahmen aus, die nach seiner Meinung alle erfüllt sein müssen, damit die Welt dem „objektiven lokalen Realismus“ folgt:

  1. Die Eigenschaften physikalischer Objekte sind messbar und kommen ihnen unabhängig davon zu, ob sie tatsächlich beobachtet werden oder nicht (OBJEKTIVISMUS).
  2. Jedem Element der Realität muss in einer physikalischen Theorie ein Gegenstück entsprechen, wenn die Theorie vollständig sein soll  (REALISMUS).
  3. Objekte, die sich nicht gegenseitig beeinflussen können, haben voneinander unabhängige Eigenschaften (LOKALITÄT).

Zu 1. spöttelte EINSTEIN mit der Bemerkung: „Der Mond ist doch da, auch wenn keiner hinschaut“,  und zielte dabei auf den Quantenmachanischen Grundsatz, dass nur Beobachtbares „real“ sei.

Zu 3. schimpfte er über „Spukhafte Fernwirkungen“, die in der Quantenmathematik über beliebige Entfernungen möglich sind, und zwar instant, d.h. ohne jeden Zeitverzug. Er sah darin eine Verletzung seiner bewährten Speziellen Relativitätstheorie, die alle Wirkungen mit Überlichtgeschwindigkeit verbietet. Allerdings wies J. v. NEUMANN bereits 1935 nach, dass auf diese „spukhafte“ Weise keine Informationen ausgetauscht werden können, und damit EINSTEINs Theorie „gerettet“ sei. Über diesen Punkt wird aber noch heute nachgedacht.

 In dem genialen EPR-Gedankenexperiment wiesen EINSTEIN und seine Mitautoren nach, dass die Quantenmechanik die Lokalität verletzt und folglich der objektiven, lokalen Realität nicht genügt. Die Quantenmechanik sei unvollständig, folgerten sie, und müsse daher durch „verborgene“, natürlich lokale Parameter, die noch zu finden seien, ergänzt werden. NIELS BOHR versuchte schnell die EPR-Argumente mit philosophischen Spekulationen über den Realitätsbegriff zu entkräften, und die Physiker-Gemeinschaft folgte ihm; genoss BOHR doch die allerhöchste Quanten- Reputation in der Welt. Man legte EPR vorschnell für Jahrzehnte zu den Akten, was EINSTEIN nie verwunden hat; fühlte er sich doch im Recht. In einer Sache waren sich damals alle einig: die Lokalität bleibt selbstverständlich gewahrt, auch wenn die Quantenmathematik eine andere Sprache spricht („ein rein rechnerischer, nicht tatsächlicher Effekt“, taten viele vorschnell ab).

Einstein starb 1955. Es dauerte bis 1964, als der irische Physiker JOHN S. BELL (1928-1990) vom CERN in Genf  eine scharfsinnige Überlegung veröffentlichte. Theorien von Systemen, wie sie im EPR-Gedankenexperiment vorkommen, können nur dann durch noch verborgene lokale Parameter vervollständigt werden, wenn die Theorien gewissen von BELL aufgestellten Ungleichungen genügen. An einfachen Beispielen konnte BELL zeigen, dass die Quantenmathematik seine Ungleichungen nicht erfüllt. Folglich kann die Quantenmechanik nicht durch verborgene lokale Parameter „vervollständigt“ werden. Die Situation war prekär. Die Kombination von EPR & BELL lies nur zwei „fürchterliche“ Alternativen zu: 1. Die Natur folgt nicht der objektiven, lokalen Realität, oder 2. die bewährte Quantenmechanik ist falsch (???)

Es gehört zu der großen Leistung von JOHN BELL, dass er ein klärendes, machbares Experiment mit „verschränkten“ Teilchenpaaren großer Distanz vorschlagen konnte. Er forderte die Natur selbst (man könnte auch sagen GOTT) zur Antwort heraus. Verschränkte Teilchenpaare sind  ein rein quantenmechanischer Effekt. Solche Paare verhalten sich nicht individuell, sondern sind  eine Entität, egal wie ausgedehnt sie ist. Entlockt man durch Messung einem Teilchen seine Eigenschaften (man bringt es - zusammen mit dem Anderen- dadurch aus der Verschränkung in unsere Realität), so sind instant auch die Eigenschaften des Anderen bekannt, ohne dass am Anderen überhaupt gemessen wurde, und egal, wie weit das Andere entfernt ist. Das wäre dann in EINSTEINscher Sprache „spukhafter“ Lokalitätsbruch! Leider dauerte es wieder Jahrzehnte, bis die Messtechniken so weit fortgeschritten waren, dass  es 1981 dem Franzosen ALAIN ASPECT endlich gelang Teilchenpaare über große Distanzen miteinander zu verschränken, und der Natur endlich die ersehnte Antwort abzuringen. Die Quantenmechanik siegte! Solche Experimente wurden in den Folgejahren verfeinert wiederholt und werden bis heute mit immer größerer Genauigkeit, und mit immer größeren Entfernungen (Kilometer!) der verschränkten Paare unternommen. Immer mit dem gleichen Ergebnis: Die Quantenmechanik siegt, und der objektive lokale Realismus unterliegt. Was bedeutet dies?

Der britische Philosoph KARL POPPER (1902-1994) sagt, dass Theorien, die sich vielfach bestätigen, zwar Vertrauen in ihre Richtigkeit schenken, aber eine einzige Falsifizierung genügt, um die Theorie zu Fall zu bringen. Die Theorie muss dann modifiziert, bzw. ihr Gültigkeitsbereich präzisiert werden. Seit 1981 kann man also sagen: „Der objektive lokale Realismus ist im popperischen Sinn als Repräsentant für die ganze Wirklichkeit  falsifiziert worden.“  Die ontologischen Naturgesetze, die den objektiven, lokalen Realismus beschreiben (Newton-Gravitation, Maxwell-Gleichungen, Spezielle & Allgemeine Relativitätstheorie), beschränken sich nur auf diese uns umgebende Faktenwirklichkeit. Durch die Quantenmechanik wird die Naturbeschreibung um das Epistemologische (geistige) erweitert. Erst dadurch wird unsere ganze Wirklichkeit von den Naturgesetzen erfasst. Die Mathematik der Quantenmechanik lehrt uns, wie das geschehen soll.  Die Gültigkeit der Naturgesetze geht jetzt  über unsere Faktenwirklichkeit der Dinge weit hinaus und gestattet  Berechnungen im Raum der Potentialitäten (unbeschränkt gedachten Möglichkeiten). Mathematisch gesehen geschieht das durch Operationen im komplexen Zahlenraum, der nach dem deutschen Mathematiker DAVID HILBERT (1862-1943) benannt ist.  Die Konsequenzen für unser Weltbild sind gewaltig

 

„Materie ist geronnener Geist“, sagt H.P. Dürr

 

Eine fundamentale Erkenntnis aus den quantenmechanischen Berechnungen hat ergeben, dass die  Potentialität  nicht ein Sonderfall unserer Realität ist, sondern es ist genau umgekehrt: Die uns umgebende faktische Realität folgt aus der viel umfassenderen Potentialität der Quantenmechanik.

 

Immer ist Potentialität Ursache und Realität ist Wirkung. Nur das Geistige hat das Potential (die Möglichkeit) das Materielle zu erschaffen. Der Beginn der Bibel: „Am Anfang schuf GOTT Himmel und Erde“ bekommt plötzlich einen naturwissenschaftlich deutbaren  Sinn. Das gilt auch für das Wort: „Tausend Jahre sind beim HERRN wie ein Tag und ein Tag wie tausend Jahre“ [2.Petr. 3,8], denn weder Zeit noch Raum haben in der Potentialität unsere gewohnten Bedeutungen. Der Übergang eines noch geistigen Objekts aus dessen Quanten-Potentialität in unsere Faktenrealität mit Raum & Zeit geschieht gewollt durch Beobachtung in Form eines quantenmechanischen Messprozesses oder laufend spontan durch Wechselwirkungen mit der Umwelt (Fachausdruck: Dekohärenz). Der deutsche Quantenphysiker H.P.DÜRR hat das treffend ausgedrückt (s. Kapitelüberschrift).

Fazit: Unsere Wirklichkeit besteht aus Geist & Materie, wobei der Geist die primäre Ursache ist, und die Fähigkeit hat, Materie -sekundär- als Wirkung zu erzeugen. Die Quantenmechanik erweitert die Naturgesetze in den epistemologischen Bereich hinein, in die allumfassende Potentialität des Geistigen.

 

Wunder

 

Durch die  Einsichten, die die Quantenmechanik den Menschen gegeben hat, haben wir die Möglichkeit Wundergeschichten (z.B. biblische) und unerklärliche Phänomene in einem neuen Licht zu sehen. In einem Buch über den englischen Physiker und Theologen JOHN POLKINGHORNE (geb. 1930)  [von J. M. STEINECKE S.J.  ISBN 3-525-56976-9  S:76/77]  las ich folgende bemerkenswerte Sätze:

 

  »Wie verhält es sich aber nun mit den Wundern, von denen in der Bibel berichtet wird? Polkinghorne weist zunächst darauf hin, dass nicht jede Wundererzählung tatsächlich wörtlich interpretiert werden muss. Nichts­destoweniger erkennt er an, dass Wunder - und vor allem das zentrale Wunder der Auferstehung - nicht einfach wegzuinterpretieren sind, sondern einer Erklärung bedürfen.

In diesem Zusammenhang weist Polkinghorne die Position zurück, die argumentiert, dass Wunder für Gott kein Problem seien. Wenn Gott die Naturgesetze eingerichtet habe, so Vertreter dieser Meinung, dann könne er sich auch über sie hinwegsetzen. Dem widerspricht Polkinghorne aus zwei Gründen: Zum einen passt das nicht zu Gottes Treue und Zuverlässigkeit, die ihre Entsprechung auch in der Ordnung der Natur findet. Zum anderen  würde sich so die Frage stellen, wieso Wunder dann nicht viel häufiger geschähen (gerade angesichts des Leids in der Welt).

Polkinghorne setzt anders an. Er sieht in den Wundern nicht einen „Verstoß" gegen die Naturgesetze, sondern betrachtet sie als ein unerwarte­tes Phänomen unter ganz bestimmten Umständen. Damit schlägt er bewusst die Brücke zur Naturwissenschaft. In der Physik begegnet dem Forscher immer wieder das Unerwartete und das Überraschende, ohne dass es den Naturgesetzen widersprechen würde. Veränderte Randbedingungen können dort völlig unerwartete Effekte zur Folge haben (z.B. bei großer Kälte der Übergang zur Supraleitung, wo der Widerstand plötzlich wegfällt).

Wendet man dies auf die Wunder und vor allem auf Christus und seine Auferstehung an, lassen sie sich so erklären: Wenn Gott auf einzigartige Weise in Christus gegenwärtig war (also ganz bestimmte Randbedingungen herrschten), dann sind auch einzigartige Ereignisse zu erwarten. Mit Wundem ist es so: Sie widersprechen nicht den Naturgesetzen, sondern offenbaren eine tiefer liegende Schicht  größerer Zusammenhänge in der Weltwirklichkeit, von denen her auch die Wunder wieder erklärbar und verständlich werden. Wunder verdanken sich ganz bestimmten Umständen. Würden die Umstände sich wiederholen, so ist Polkinghorne überzeugt, würden sich diese Wunder auch wiederholen.

Fazit: Für Polkinghorne sind Wunder nicht Kraftakte Gottes, die die Na­turgesetzte verletzen, sondern Entsprechungen zu einer tieferen Rationalität, die das Ganze der Weltwirklichkeit noch mal unterfängt. «

 

Welch ein Fortschritt gegenüber früheren Denkansätzen!  Der ev. historisch-kritische   Theologe ERNST TROELTSCH (1865-1923) schließt die Existenz „übernatürlicher“ Ereignisse kategorisch aus, da sie den Naturgesetzen widersprechen.  Dieser Ansicht kann man sich m.E. grundsätzlich anschließen. Sie ist auch mit der von  POLKINGHORNE  vereinbar.  TROELTSCH folgert dann aber recht zwingend: „Eine Auferstehung Christi hat sich demnach nicht ereignet.“  Es ist schon tragisch zu nennen, wenn ein namhafter Theologe, der TROELTSCH  zweifellos war, auf Grund der eigenen Logik die zentrale Glaubensaussage des Christentums aufgibt. DIETRICH BONHOEFFER hat gesagt: „Wer Ostern kennt, kann nicht verzagen.“  TROELTSCH starb ohne diesen Trost; er starb zu früh. In den Jahren nach seinem Tod wandelte sich die naturwissenschaftliche Welt und öffnete sich dem Geistigen.  Ein Prozess, der heute noch anhält.

 

Freude hat mir eine Formulierung  von Dr. JÜRGEN FISCHBECK, dem jahrelangen Leiter der Abteilung für Theologie und Naturwissenschaft an der Ev. Akademie in Mülheim a.d.R. bereitet, die ich hier wiedergeben möchte:

 

»Die Äußerung von Polkinghorne teile ich völlig, sofern man denn unter 'Wunder' die Verletzung von Naturgesetzen versteht, was in der Tat ja weithin geschieht. Aber die Naturgesetze sind doch auch und vor allem das Werk Gottes! Was wäre das für ein Gesetzgeber, der seine eigenen Gesetze nicht einhält! Welch ein Denkfehler, wenn man beharrlich die Naturgesetze gegen Gott in Stellung bringen will. Vielmehr sind die Naturgesetze, wie Polkinghorne richtig bemerkt, dank ihrer Quantennatur ja so beschaffen, dass sie das Geschehen eben nicht deterministisch vorschreiben, sondern eben "nur" Potentialitäten, so dass man sagen kann: "Die Wirklichkeit Gottes - das ist sein Wille - ist die allumfassende Potentialität des Guten". Das heißt ja eben nicht, dass immer nur Gottes Wille - Gutes also - geschieht. Dazu geschieht zu viel Böses. Aber Gutes ist bei allen uns gegebenen Entscheidungen möglich. Deshalb beten wir ja darum: "Dein Wille geschehe". Gottes Allmacht bedeutet nicht, dass immer nur sein Wille und nichts anderes geschieht. Man kann Seinem Willen durchaus auch zuwider handeln, wie in fürchterlicher Weise in Auschwitz geschehen. Zwar ist Allmacht ein unaufgebbares Attribut Gottes, aber sie ist anders zu verstehen, als man bisher immer dachte und deshalb immer in den Theodizee-Widerspruch hineinläuft wie in eine Falle. Auf jeden Fall ist sie ein Zukunftsbegriff, und e i n Aspekt ist gerade die universelle Geltung Seiner Naturgesetze. Darüber muss aber noch viel nachgedacht und diskutiert werden.«

 

Auch ich bin der Überzeugung, dass es viele Phänomene gibt, die den Alltags-Erfahrungen widersprechen, die aber im Licht der epistemologischen Erweiterung der Naturgesetze alle möglich sind. Gottes Wille und SEIN Handeln geschieht  im Einklang mit der von IHM geschaffenen Gesetzen. Ich hoffe, der Leser kann sich diesen Gedanken anschließen. 

 

Schlussgedanken

 

Der Evangelist Johannes beginnt sein Evangelium vor fast 2000 Jahren mit den berühmten Worten seines Prologs [Joh. 1,1-4]:

 Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Dasselbe war im Anfang bei Gott.

Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was geworden ist – in ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

 

Die Quantenmechanik formuliert heute:

» Die Potentialität ist nicht materiell und trotzdem keine Fiktion. Sie ist  wirklich, weil sie wirkt: Etwas aus dem Möglichkeitsspektrum wird faktisch. Dies geschieht durch die Dinge, die im quantenmechanischen Sprachgebrauch Messprozess und Dekohärenz  genannt  werden. Primäre Potentialität als Ursache wird zu  sekundärer Realität als Folge.«   [Dr. Hans-Jürgen Fischbeck 2005: Die Wahrheit und das Leben  ISBN  3-8316-0482-7]

 

Welch eine Übereinstimmung im Inhalt!  Das ist für mich ein Wunder.

 

Bemerkenswert ist auch das JESU-Wort: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“  [Mt 24,35].  Damit ist klar ausgesagt, dass das Geistige als allumfassender Urgrund auch überdauern wird, wenn das Faktische aufhört zu sein.  Das habe ich am Schluss meines Artikels über den Johannes-Prolog geschrieben, und das sage ich auch hier.

Ich lasse noch einmal JOHN C. POLKINGHORNE zu Wort kommen:

„An Gott im Zeitalter der Naturwissenschaften zu glauben bedeutet die Gewissheit zu haben, dass hinter der Geschichte des Universums ein Gedanke und eine Absicht stehen, und dass der EINE, dessen verborgene Gegenwart sich darin ausdrückt, unser Anbetung wert  und der Grund unserer Hoffnung ist"                                                                 [http://www.theologie-naturwissenschaften.de/polkinghorne/kerngedanken.html]

Treffender kann man  die  Einheit von Theologie und Naturwissenschaft nicht ausdrücken.   Ich bin dankbar mich mit dieser Thematik auseinandersetzen zu können und anderen Menschen davon zu berichten.  Wann wird der BROCKHAUS  seinen Text ändern?

Dr. Georg Linke   Aachen, Ende März 2011

 

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