DANKE EVA

dass Du vom Baum der Erkenntnis gegessen und auch Adam davon abgegeben hast

Der Baum der Erkenntnis - Ein Sündenfall ?

 

Im Buch GENESIS ist uns überliefert, dass GOTT mitten im Garten Eden zwei Bäume gepflanzt hat, den Baum des Lebens und den der Erkenntnis von Gut & Böse. Dann gebot der HERR dem Menschen: „Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben.“   Wir wissen, wie es weiterging. Adam erhielt seine- noch namenlose- Frau, beide waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.

 

Die Schlange, das klügste Tier in Eden, sagte zur Frau: „Nein, ihr werdet nicht sterben, GOTT weiß vielmehr: sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr  werdet wie GOTT und erkennt Gut und Böse.“  Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß.   Da gingen beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.

 

Von GOTT zur Rechenschaft gestellt, schob Adam die Schuld auf seine Frau, und sie auf die Schlange. Sie starben nicht, aber GOTT sagte ihnen für ihr Leben Mühsal & Plage beim Anbau der Felder, und der Frau Schmerzen bei der Geburt der Kinder voraus. GOTT sprach: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.“

Adam nannte seine Frau Eva (Leben), denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen. GOTT, der Herr, machte Adam und seiner Frau Röcke aus Fellen und bekleidete sie damit. Dann sprach GOTT der HERR: Seht, der Mensch ist geworden wie wir; er erkennt Gut  und Böse. Dass er jetzt nicht die Hand ausstreckt, auch vom Baum des Lebens nimmt, davon isst und ewig lebt!“  GOTT vertrieb den Menschen aus Eden, und versperrte im Osten Edens den Rückweg zum Baum des Lebens mit Kerubim und loderndem Flammenschwert.

 

Im Religionsunterricht ist mir diese großartige Erzählung immer als „Sündenfall des Menschen“ gelehrt worden. Heute sehe ich das ganz anders. Ich bin sicher nicht der erste, der obigen Sündenfall als Glücksfall für den Menschen ansieht. Aus der Geschichte folgt klar, dass der Mensch vor dem Genuss der Erkenntnisfrucht nicht in der Lage war Gut & Böse voneinander zu unterscheiden. Er war nicht schuldfähig, er war sich seiner Nacktheit nicht bewusst, wie es so schön heißt (d.h. er kannte kein Schamgefühl), er konnte –verallgemeinert gesagt-  noch nicht kognitiv denken. Er war noch nicht das, was heutige Menschen sind.  Die Erzählung spiegelt nichts anderes wider, als den Entwicklungssprung der Primaten zum Homo Sapiens-Sapiens.

Glaube an ein höheres Wesen, religiöse Kulte, Sprache, Ackerbau (Kain) & Viehzucht (Abel), bis hin zur Sesshaftigkeit mit Gerichtswesen, das sind doch alles Errungenschaften die Erkenntnisfähigkeit zur Vorraussetzung haben.

 Daher mein Dank an Eva im Titel. Ich bin ein Fan von ihr geworden.

 

Gott oder Evolution?

 

„Die Welt ist vor 6000 Jahren innerhalb von 6 Tagen erschaffen worden!“ Solche Ansichten gibt es heute tatsächlich noch. Mein Patenonkel Eucherius (im Berufsleben ein leitender Angestellter in einem Weltkonzern, sein kaufmännisch-planerisches Fachwissen war hoch geschätzt) vertrat diesen Standpunkt. Da war er zu den 7-Tage-Adventisten übergetreten. „Die Welt hat 865 Religionen, nur eine kann davon die Richtige sein. Ich hoffe & bete, dass dies die meinige ist!“ „Entweder stimmt die Bibel total so wie sie geschrieben ist, buchstabengenau, oder man kann sie in den brennenden Kamin schmeißen!“ Das sind Beispiele von Sätzen, die ich mir als Jugendlicher habe anhören müssen. Damals konnte ich mich noch nicht gut wehren. Immerhin gab ich zu bedenken, dass die Ausgrabungen von Primaten & Sauriern ein viel älteres Leben auf unserer Erde beweisen. „Ja weist du denn nicht, dass der Satan alle diese Funde in die Erde gesteckt hat, um die Menschen von der Wahrheit abzubringen?“ Nein, das wusste ich in der Tat nicht!
Auf gleichem Niveau befinden sich für mich Menschen mit der Aussage: „Den Tod – auch in der Tierwelt – gibt es erst seit dem Sündenfall des Menschen.“ Nicht viel besser war „Der Spiegel“ in der Titelgeschichte „Gott gegen Darwin“ (52/2005) mit der Aussage: „Die Christen“ lehrten die Weltschöpfung in höchstens 10 000 Jahren. Fazit: „Es wird eng für den Schöpfer.“
Während ich das schreibe kommt mir die Frage in den Sinn: Ist das hier eine Tragödie, oder etwa eine Komödie, oder Was? Selbst intelligente Menschen können sich offenbar in absonderliche Ansichten verrennen.

Dabei hat doch schon vor 800 Jahren Maimonides erkannt: „Widersprechen Bibelstellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, so sind die Bibelstellen allegorisch zu deuten.“ Welch eine befreiende Kraft steckt in dieser Weisheit! Gottes Wort ernst nehmen, unbedingt; gerade deshalb darf die Bibel nicht wörtlich verinnerlicht werden. Der Umkehrschluss gilt auch: Wenn ich die Bibel buchstäblich nehme, wie Eucherius, leidet die Ernsthaftigkeit von Gottes Wort.
Die Schöpfungsberichte im Buch GENESIS sind ganz wunderbare Erzählungen, die wir in unserem Kulturgut haben. Warum ist es meinem Patenonkel, der dauernd in der Bibel las, oft die verschiedenen Übersetzungen miteinander vergleichend, nie aufgefallen, dass der 7. Tag, Gottes Ruhetag, nicht abgeschlossen ist? Das ist für mich kein Zufall oder Versäumnis, sondern ein Indiz, dass die Verfasser damals überhaupt nicht an irdische Tage gedacht haben. Nur die späteren naiven Leser haben sich selbst ins Abseits gestellt, so auch die Spiegel-Schreiber. Für den Schöpfer wird es nie eng!

 

Die grundlegenden evolutionsbiologischen Einsichten sind empirisch sicherer erwiesen, als viele andere Hypothesen. Für das Gespräch über Naturwissenschaft & Religion braucht es mehr. Wozu sich gegeneinander ausspielen, wo man sich doch einander ergänzen kann? Darwin nimmt an, dass die Grundvoraussetzungen der Evolution Variabilität & Selektion sind. Die vorgefundenen komplexen Zusammenhänge in der Natur, die uns immer wieder staunen lassen, sehen auf den ersten Blick nicht nach Zufall aus. Aber betrachtet man die zeitliche Tiefe der Erdgeschichte, dann können komplexe Strukturen aus vielen aufeinander folgenden Schritten entstehen. Ob das allerdings für alles ausreicht – ich persönlich bezweifele das – greift in dem Bereich des Glaubens.

Kognitives Denken ist eine der großen Errungenschaften der Evolution, und, wie bei allen großen Errungenschaften, ist es nicht geklärt, warum solche Dinge passieren bzw. wodurch  sie ausgelöst werden.  Trotz allem Fortschritt frage ich mich: werden wir je die großen Geheimnisse ganz aufklären können?

  Wann trat kognitives Denken auf? Der Primat Homo-Erectus  hatte es offenbar noch nicht, obwohl er schon vor über 1 Million Jahren  von Afrika aus die Kontinente der Welt besiedelt hat. Seine Kopfanatomie gestattete ihm noch keine Sprache.

Beim Neandertaler (vor ½ Million-30.000 Jahren) ist sich die Forschung nicht ganz sicher, wahrscheinlich konnte er noch nicht oder nur rudimentär sprechen. Jedenfalls waren sie ausgezeichnete Gruppen-Jäger, bewaffnet mit Holzspeeren, auf denen sie Steinspitzen befestigt hatten.   Der moderne Mensch, zunächst in einer archaischen Urform trat vor etwa 190.000 Jahren in Afrika auf, vertrieb (??) die Neandertaler und breitete sich innerhalb 100.000 Jahren über die ganze Welt aus. Der moderne Homo Sapiens-Sapiens „entstand“ über die Zwischenform des Cro-Magnon-Menschen in dieser Zeitspanne.  Dabei wären die Menschen vor etwa 120000 Jahren wegen klimabedingten Nahrungsmangel beinahe wieder ausgestorben. Nur wenige 100 Individuen, so schätzt die Forschung heute, überlebten in einer Nische im südlichen Afrika, weshalb wir Menschen jetzt so genetisch gleich, nahezu identisch sind.1  Sprachfähigkeit und kognitives Denken waren vorhanden.  Ein hoch entwickeltes Gehirn, genügend Resonanzraum im Rachen, tief liegender Kehlkopf, leistungsfähiger Zungennerv für eine möglichst bewegliche Zunge (erkennbar an einem breiten Nerv-Durchtrittskanal im Schädelknochen – dieses Merkmal besaß schon der Neandertaler-); dies alles sind notwendige Vorraussetzungen. Hinreichend wird es jedoch erst, wenn die Entwicklung einer gewissen Kultur, verbunden mit der Fertigung von Kunst-Gegenständen eindeutig auf Sprache hinweisen, und das war erst vor 40.000 Jahren der Fall. Damals fand die so genannte „paläolithische Explosion“ statt, ein plötzliches Auftreten von Kultur im menschlichen Zusammenleben. Fachleute fragen sich sogar, ob damals eine Mutation auftrat: ein hypothetisches  „Ackerbau-Gen“?

 Hat zu dieser Zeit Eva vom Baum der Erkenntnis genascht?  

 

Die Größe des Menschen

 

Evolution steht nie still. Hat sie ein Ziel? Ist der Mensch das Ziel? Wie wird der nächste Schritt aussehen?

 

Der Liebe Gottes und dem Glauben tut der Zufall keinen Abbruch. Ist Gott aus der Natur zu beweisen, oder zu bestreiten? Nur Menschen die das glauben kann eine bestimmte Sicht der Evolution Argumente für oder gegen Gott liefern. Aus der Beschaffenheit der Welt wird auf das Sein Gottes geschlossen. Den entscheidenden Einwand dagegen lieferte Kant: Alle Gottesbeweise müssen einen Sprung vom Denknotwendigen zum Sein vollführen: „Die unbedingte Notwendigkeit der Urteile aber ist nicht eine absolute Notwendigkeit der Sachen.“ Die Vernunft bewegt sich durch den Blick auf die Wunder der Natur nicht im Rahmen eines Beweises, sondern (Kant): „..eines zur Beruhigung hinreichenden, obgleich nicht unbedingte Unterwerfung gebietenden Glaubens.“
In einer guten Zeitung habe ich schon vor Jahren gelesen: „Der Mensch gewinnt seine Größe dadurch, dass er die Unmöglichkeit des Beweises [der Existenz Gottes] auf dem Wege der Vernunft anerkennt und erträgt, ohne an der Vernunft und ohne an Gott zu verzweifeln… Entscheidend ist nicht der evolutionäre Zufall der Schöpfung, sondern das Zufallen der Liebe des Schöpfers. Glaube gebietet eben keine unbedingte Unterwerfung, sondern ein bedachtes und unterscheidendes Hinsehen.“

 

Das naturwissenschaftliche Weltbild macht keine Aussage über den Sinn der Welt oder Gott. Ich bin Naturwissenschaftler und bekenne mich mit meinen persönlichen Erfahrungen zu Gott.
Ich teile die Ansicht Sigmund Freuds nicht. Ich fühle mich keineswegs als Mensch durch Darwin gekränkt.

Ich hatte meinen Religionsunterricht Mitte des 20. Jahrhunderts. Mit keinem Wort wurden Gedanken erwähnt, wie ich sie hier aufgeschrieben habe. Man ritt immer auf Sünde & Schuld des Menschen herum. Das ist schade, unattraktiv und abstoßend. Irgendwie muss ich das schon immer so empfunden haben.  Mit diesem Beitrag möchte ich zeigen, dass man 200 Jahre nach Darwin auch anders lehren kann.

 

Der Baum des Lebens – Ein Unsterblichkeits-Gen ?

 

Warum altern wir? Warum sterben wir? Fragt sich die Forschung heute. Ich meine hier die biologische Seite. Philosophisch-theologisch ist es durch die Schrift beantwortet: „[HERR] Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“, übersetzt Luther im Psalm 90,12.

 

 Gesetzt den Fall, es gelänge der Wissenschaft ein „Unsterblichkeits-Gen“ zu finden, oder zu entwickeln -- Die  Wahrscheinlichkeit dafür ist tatsächlich nicht gleich Null. Ob das überhaupt wünschenswert ist, und welche Probleme sich die Menschheit damit einhandeln würde, möchte ich hier nicht betrachten. --, dann hält sich die Geschichte im Buch GENESIS dafür ein Hintertürchen offen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Der Garten Eden wird nur vom Osten her mit Kerubim & Flammenschwert bewacht. Der Mensch hat also die Möglichkeit sich vom Westen her an den Baum des Lebens heranzuschleichen. Ich bin überzeugt, die listige Schlange wird ihm den Weg dorthin weisen. 

 

Dr. Georg Linke, Aachen, im Mai 2011

 

1 Scientific American August 2010 p. 40-47

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